Predigt von Pfarrer Daigeler zum Fest Kreuzerhöhung
Download Audiodatei der Predigt
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, es kommt vor, dass bei Haushaltsauflösungen Kreuze bzw. Kruzifixe im Pfarrhaus abgegeben werden. Zum einen finde ich es gut, dass ein Bewusstsein da ist, dass man so etwas nicht einfach in den Hausmüll werfen kann. Zum anderen macht es mich natürlich traurig, dass offenbar in vielen Wohnungen heute kein Kreuz oder Kruzifix mehr hängt.
Kein Zeichen wird so stark mit dem christlichen Glauben verbunden wie das Kreuz, dem der heutige Festtag geweiht ist. Wir finden es in unseren Kirchen, aber auch an Plätzen und in öffentlichen Räumen und Schulen, mancher trägt ein Kreuz um den Hals oder es hängt in unserer Wohnung. Nicht jeder denkt vielleicht über die Bedeutung nach, aber es ist ein Zeichen für die christliche Prägung unserer Heimat und unseres Lebens. Und wenn es verschwindet, ist das eben auch ein Zeichen für das Schwinden der christlichen Wurzeln…
Natürlich ist die Frage erlaubt, weshalb wir als Christen dem Kreuz eine solche Bedeutung zumessen. Am Karfreitag gibt es in der Liturgie einen eigenen Ritus der Kreuzverehrung; manche Kirchen verfügen über eine Kreuzreliquie, die gerne zum Wettersegen verwendet wird; und heute am 14. September ist ein eigenes Fest dem heiligen Kreuz gewidmet.
Bevor ich auf die Begründung eingehe, muss daran erinnert werden, wie schwierig es für die ersten Christen war, das Kreuz als Symbol aufzugreifen. Schon in römischen Graffiti finden sich Verhöhnungen dieses Zeichens. Ein Gott am Schandpfahl des Kreuzes das ist der Gott der Christen, heißt es dort. Die Kreuzigung als grausame Hinrichtungsart ist damals üblich. Nur für die schlimmsten Verbrecher kommt sie zum Einsatz. Und da soll man dieses Zeichen erheben, ja – wie es im Eingangsvers hieß, da soll man „sich rühmen im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus“…?
Das war nicht einfach. Und dennoch wichen die Christen dem Kreuz nicht aus. Sie wussten um das Wort Jesu, das wir gerade im Evangelium gehört haben. Im nächtlichen Gespräch mit Nikodemus sagt der Herr deutlich: Der Menschensohn muss „erhöht werden“ am Kreuz, „damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat“. Die Erniedrigung des Gottessohnes, von der Paulus im Philipperhymnus singt, die Tatsache, dass er sein Leben für uns verschenkt hat, ist der Grund unserer Erlösung. Darum ist in keinem anderen Zeichen Heil zu finden. Das Kreuz erinnert uns immer neu an die unermessliche Liebe des Vaters, der um den Knecht zu erretten, den Sohn dahingegeben hat, wie wir in der Osternacht singen.
Nicht nur durch ein Machtwort, nicht durch das Dreinschlagen mit der Faust hat Gott das Schicksal der Welt verändert, sondern durch die gewaltlose Liebe bis zum Äußersten.
Wir sind der Endlichkeit unterworfen. Die Erzählung von den Schlangen in der Wüste, die wir in der Ersten Lesung hörten, benennt das. Unzufriedenheit, Murren und Neid führen zur Gewalt und Tod. Und der Mensch kann nicht aus eigener Kraft dieser Spirale entkommen. Erst die Einsicht: „Wir haben gesündigt“ und die Bitte um Rettung, bringt das Leben, hörten wir. Darum sagt auch Jesus klar, „wer glaubt“, der wird gerettet.
Die ganze Menschheitsgeschichte – im Großen wie im Kleinen – zeugt davon, dass Menschen glauben, alles selbst zu können. Und es endet im Leid. Das Kreuz sagt uns, allein in Christus ist Rettung zu finden. Und diese Rettung finden wir nicht durch das Wegzaubern von Problemen. Es hat den Herrn alles gekostet. Er für uns! Darum bedeutet christliches Glauben auch, sich in diese Haltung Jesu zu begeben: Geduldig die Beschwernisse des Lebens tragen und so dem Herrn am Kreuz ganz nahe sein. Denn wir wissen, wo wir ihm im Leiden nahe sind, da sind wir ihm auch in seinem Sieg nahe. Amen.
14.09.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler