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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 32. Sonntag im Jahreskreis A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, das Gleichnis Jesu, das uns im heutigen Evangelium begegnet, war im Mittelalter überaus häufig an Kirchenportalen dargestellt: die klugen und die törichten Jungfrauen. Eine Mahnung, eine Erinnerung an die Vorbeigehenden wie an alle, die die Kirche betreten: Vergiss in der Geschäftigkeit deiner Aufgaben nicht die Wachsamkeit, nicht den Blick für die Endlichkeit deiner Zeit, nicht den Blick für Christus, der wiederkommt zu einer Stunde, die kein Mensch kennt.

Heute sind solche Darstellungen fremd. Aber nicht nur solche Bilder, auch das, was sie aussagen. Dabei enthält unser Credo am Ende des zweiten Teiles einen Satz, der das Bild von den klugen und den törichten Jungfrauen bekräftigt. Dort bekennen wir nämlich Sonntag für Sonntag, dass Christus „wiederkommen wird zu richten die Lebenden und die Toten“.

Doch was soll eine solche Aussage bedeuten? Ist denn nicht die Gegenwart zu gestalten, unsere Aufgabe? Ist sie nicht wichtiger als eine solche „ferne“ Zukunft? Und der Gedanke eines Jüngsten Gerichts kommt in der Vorstellung vieler Christen gar nicht mehr vor.

Aber die letzten Wochen des Kirchenjahres, das baldige Christkönigsfest und der nahende Advent sprechen in teils dramatischen Worten aus der Bibel von der Endlichkeit der Welt und vom Gericht, das Gott halten wird. Für die ersten Christen war das eine große Hoffnungsbotschaft. „Maranatha“, zu deutsch: „Komm, Herr“, beteten sie. Nicht die Herrscher dieser Welt, nicht die Gerissenen und Rücksichtslosen sollen das letzte Wort haben, sondern Christus. Er soll Gerechtigkeit aufrichten. Sein Reich des Friedens möge anbrechen.

Der Glaubenssatz, dass Jesus Gericht halten wird – einmal persönlich über jeden Menschen am Ende seines Lebens und auch über die ganze Schöpfung am Ende der Zeit – ist keine Angst-Botschaft. Freilich birgt das Wort vom besonderen und vom letzten Gericht großen Ernst: Es gibt eine Unterscheidung, nicht alles ist gut, nicht alles hat Bestand. Meine Taten haben Folgen, die guten wie die bösen Taten, der Egoismus ebenso wie die geschenkte Liebe für die Nächsten.

Die klassische Sprache der Kirche nennt diese Folgen in den sogenannten „Letzen Dingen“: Himmel, Läuterung / Purgatorium und Hölle. Wie sollte diese Welt und die kommende Welt nicht zusammenhängen? Unser Handeln hier und unser Leben dort gehören zusammen. Das Gegenteil hieße: Am Ende ist alles gleichgültig. Das Opfer muss brav neben seinem Peiniger sitzen, ohne das Recht gesprochen worden wäre.

Darum sind die Worte Jesu über das Gericht Worte der Hoffnung. Sie sagen: Einer verhilft den Unterdrückten zu ihrem Recht. Nicht Reichtum, nicht Macht, nicht Ansehen werden am Schluss entscheidend sein. Entscheidend wird das Gute sein, das wir getan haben, auch unser Bemühen darum, weil unser Tun ja oft Stückwerk bleibt. Und noch wichtiger wird unser Vertrauen sein, dass wir durch unseren Glauben, durch unsere Bitten, durch den Empfang der Sakramente auf den Herrn setzen.

Der heilige Paulus schreibt den Thessalonichern, die erschüttert sind durch den Tod einiger Mitchristen, über die Hoffnung: Wir werden an der Auferstehung Christi und an seinem ewige Leben Anteil erhalten, wenn wir uns an ihn halten. Gott will an den Verstorbenen vollenden, was er in der Taufe begonnen hat. Darum ist es uns als Aufgabe mitgegeben aus der Taufe zu leben. Nehmen wir die geistlichen Hilfen der Kirche dazu an: Gebet, Gottes Wort und die Sakramente. Stärken wir einander in der Hoffnung auf den neuen Himmel und die neue Erde, in denen Gottes Gerechtigkeit herrscht. Und beten wir täglich: „Jesus, ich vertraue auf dich! Dein Reich komme!“ Amen.

12.11.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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