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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Jahresschluss 2022

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, zur Weihnachtszeit gehören verschiedene Bibeltexte, die uns das Geschehen der Geburt Christi verdeutlichen. Zu diesen Schriftworten gehört auch die Darstellung Jesu im Tempel. Dieses Evangelium verbinden wir vor allem mit dem Fest Mariae Lichtmess, das wir 40 Tage nach Weihnachten begehen. Der Abschnitt aus dem Lukasevangelium wird aber auch schon in den Tagen der Weihnachtsoktav, also zwischen Weihnachten und Neujahr, im Gottesdienst gelesen. Heute am letzten Tag des Kalenderjahres, meine ich, ist dieses Evangelium eine wertvolle Hilfe zurückzuschauen und vor allem auf das Wesentliche zu schauen.

Weltweit bewegt heute Menschen der Wechsel vom alten Jahr in ein neues. Christen bewegt in diesen Tagen noch immer die frohmachende Botschaft, dass der Heiland als Mensch geboren wurde. In unserer katholischen Kirche beten heute viele Menschen dankbar für Papst Benedikt, der am Morgen verstorben ist.

Was hat all das mit dem greisen Simeon und dem Jesuskind zu tun? Für mich stellt sich in dieser Begebenheit stets die Frage: Wofür setze ich meine Zeit und meine Lebenskraft ein? Simeon ist ein großer Zeuge der Hoffnung. Ein ganzes Leben lang hat er sich nicht abbringen lassen von der Zusage Gottes. Er hat beharrlich geglaubt, dass Gott da ist, auch wenn er ihn nicht sehen kann, dass Gott handelt, auch wenn Simeon Gottes Wege – wie auch wir – nicht immer begreifen konnte. Und in dem Augenblick, wo er mit seinen Kräften nichts mehr auszurichten vermag, wo er am Ende seines Lebensweges steht, geht die Verheißung in Erfüllung: Er darf den Heiland sehen und begreifen.

Wenn wir heute zurückschauen, werden unterschiedliche Bilder und Gefühle in uns aufsteigen. Einige denken an die große Welt, an Krieg und Krisen, die das Leben unzähliger Menschen durcheinanderwerfen und bedrohen. Andere denken an persönliche Herausforderung und Verluste, die das vergangene Jahr gebracht hat. Für nicht wenige wird all dies zu einer echten Herausforderung, die Zuversicht und den Glauben wie Simeon zu bewahren. Ist nicht das Dunkle, das Bedrohliche, das Rücksichtslose stärker als das Gute?

Manchmal kann man diesen Eindruck tatsächlich gewinnen. Eben darum ist der Glaube etwas so kostbares. Er ist wie das Licht, das uns auf einmal den größeren Raum sehen lässt, wo wir oft nur den kleinen Blickwinkel sehen. Wir sehen auf einmal die Hoffnungszeichen, die es auch gibt. Ich bin dankbar für so viele Menschen, denen ich begegnen durfte, die auch in Tagen der Krankheit oder in schweren Stunden aus dem Gebet und dem Glauben Kraft und Orientierung schöpfen. Das sind manchmal große Zeugen wie der verstorbene Papst Benedikt, das sind manchmal Menschen wie eine Frau, der ich heute Morgen die Krankensalbung spenden durfte. Und manchmal sind es auch Situationen, von denen man es gar nicht erwartet, wie die jungen Leute, die am 2. Weihnachtstag einfach für ihren verstorbenen Freund in Stadtlauringen in die Messe gegangen sind. Kleine Zeichen der Hoffnung, doch ganz kostbar.

Das Erstaunliche an diesem Evangelium ist ja, dass es uns sozusagen die Summe des christlichen Glaubens aufzeigt. Hoffnung, Freude und Erfüllung werden dem greisen Simeon nicht durch große Worte oder laute Gesten geschenkt, sondern durch das kleine, hilflose Jesuskind. Für mich ist das kostbarste Erbe des verstorbenen Papstes Benedikt eben dieser Hinweis. Bei allem, was von ihm oder über ihn gesagt wird, war die Mitte seines Dienstes der Hinweis auf die Freundschaft mit Jesus. Unser christlicher Glaube ist nicht eine Sammlung von Sätzen, von Geboten oder Verboten. Er ist die Beziehung zu Gott, der uns in Jesus sein Gesicht gezeigt hat, der uns anspricht: Komm, folge mir nach.

In einem so langen Leben wie das von Papst Benedikt werden sicher auch Fehler gemacht worden sein wie in jedem Leben. In dem neuen Jahr, in das wir gehen, werden sich nicht alle Krisen der großen und unserer kleinen Welt lösen lassen. Das verspricht uns auch der Glaube nicht. Doch wer Jesus in sein Leben aufnimmt, wer sein Freund wird, wer auf ihn seine Hoffnung setzt, den lässt er nie im Stich. Diese Frohe Botschaft feiern wir in der Weihnachtszeit, diese gute Nachricht hören wir heute am Übergang vom alten in ein neues Jahr, für dieses Evangelium war der verstorbene Papst Benedikt mit seinen Fähigkeiten ein treuer Zeuge mit den einfachen Worten: „Wer glaubt, ist nie allein im Leben nicht und auch im Sterben nicht.“ Auf diesen Glauben wollen auch wir bauen. Amen.

31.12.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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