logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler zum 28. Sonntag im Jahreskreis C 

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wir sind geprägt von verschiedenen Annahmen und Bildern: z.B. auf dem Land halten die Menschen mehr zusammen als in der Stadt, die Alten sind frömmer als die Jungen, in Deutschland herrscht mehr Ordnung und Pünktlichkeit als in anderen Ländern… Natürlich enthalten solche Vorstellungen etwas Wahres, aber sie sind oft auch einseitig. Auch die Zuhörer Jesu sind von Vorstellungen und Haltungen geprägt. Darum fordern sie die Gleichnisse Jesu oft viel mehr heraus, als wir uns das vorstellen können.

Schauen wir ins heutige Evangelium. Wir können uns vorstellen, wie das ist mit der Dankbarkeit. Zehn werden geheilt und nur einer hält es für nötig, sich zu bedanken. Das ist eine Erfahrung, die zeitlos zutrifft. Dankbarkeit ist nicht immer anzutreffen, Gutes wird schnell als selbstverständlich hingenommen, sobald ich es habe.

Aber der Evangelist Lukas fügt noch einen Halbsatz hinzu. Es heißt nämlich im Evangelium, das der eine, der zu Jesus umkehrte, um sich für die Heilung zu bedanken, ein Samariter war. Für uns hat dieser Satz vielleicht keine besondere Bedeutung. Für die Zeitgenossen Jesu war er eine Provokation. Es galt die Annahme: Wir sind als Juden auserwählt von Gott, wir stehen in seinem Bund und die anderen Völker eben nicht… Die Samariter galten bestenfalls als „Halbjuden“, eher als Heiden. Und die sollen nun ein Vorbild für das Volk Israel sein?

Von wem können wir etwas lernen? Oder tun wir uns nicht ehrlich gesagt schwer damit? Natürlich brauchen wir als Menschen Gewohnheiten. Keiner kann das Leben täglich neu erfinden. Aber gibt es nicht auch hilfreiche „Provokationen“ und Herausforderungen, an denen wir wachsen? Wenn ich zum Beispiel unsere indischen Mitchristen sehe, dass sie auf dem Weg zur Arbeit im Altersheim einen kurzen Umweg über die Kirche gehen und einen Besuch vor dem Tabernakel machen, dann denke ich mir, dass wir vielleicht etwas davon lernen können.

Die Erste Lesung stellt in gewisser Weise auch die umgekehrte Frage. Was können Menschen von uns lernen? Da kommt ein Syrer namens Naaman nach Israel. Er kennt den Glauben dieses Volkes nicht, er hat nur von einer Dienerin davon gehört. Den Rat des Propheten Elischa weist er darum zunächst zurück. Dennoch folgt er – unterstützt durch das Zuraten eines Begleiters – dem Auftrag schließlich doch und wird geheilt. Er erlebt die Lebendigkeit und Kraft des Glaubens in diesem Volk. Das beeindruckt ihn, es führt ihn sogar selbst zum Glauben. Er nimmt ein Andenken seiner Reise, ein wenig Erde, mit nach Hause, um stets an diese Erkenntnis erinnert zu werden: Es gibt keinen anderen Gott.

Was erlebt jemand, der zu uns kommt – in unsere Gemeinde, unsere Familie? Kann man etwas von meinem Glauben sehen? In meinem Verhalten, in meinem Reden und Handeln? Es geht nicht um zur Schau gestellte Frömmigkeit. Es geht darum, dass man sieht, was mir wichtig ist. Denn das, was mir wichtig ist, dafür wende ich Zeit auf; dafür setze ich Kraft ein; davon spreche ich mit anderen. Das gilt für alle Bereiche des Lebens, darum gilt es auch für den Glauben. Eindringlich mahnt uns darum der heilige Paulus in der Zweiten Lesung zur Treue. Der Glaube ist nichts anderes als gelebte Treue, im Alltag gelebte Treue. Der Glaube ist die Antwort, die wir mit unserem Leben geben auf Gottes Güte. Amen.

12.10.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­