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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Ersten Adventssonntag B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, mit diesem Sonntag beginnen wir die Adventszeit. Es ist eine besondere Zeit mit einem eigenen Charakter. Warten, Wachsam sein, Hoffen – solche Haltungen werden uns für diese Wochen mitgegeben in den Lesungen des heutigen Ersten Adventssonntags.

Das Wort „Advent“ ist ja abgeleitet von einem lateinischen Wort. Wir können es mit „Kommen“, „Ankunft“ oder sogar „Anwesenheit“ übersetzen. In der Antike war „adventus“ ein Fachbegriff, mit dem man die Ankunft eines Amtsträgers oder gar des Königs in einer seiner Provinzen bezeichnete. Die frühen Christen haben verschiedene Begriffe übernommen, die damals auf den Kaiser bezogen worden: „Kyrie eleison“ begrüßte man den Herrscher. Als „Evangelium“ bezeichnete man alle Erlasse des Kaisers, nicht unbedingt wegen ihres Inhalts, sondern wegen ihres Urhebers. Und schließlich auch Advent. „Die Christen übernahmen den Begriff ‚Advent‘, um ihre besondere Beziehung zu Jesus Christus zum Ausdruck zu bringen: Jesus ist der König, der in diese armselige Provinz Erde gekommen ist und ihr seinen Besuch schenkt“. (Papst Benedikt XVI.)

Das Spannende am Advent ist ja, dass wir die Ankunft eines Königs erwarten und zugleich wissen: Er ist bereits da. „Das Licht aus der Höhe hat uns besucht“, singt Zacharias, der Vater Johannes des Täufers. Ja, Gott ist da. Nicht nur in den Zentren der Macht, nicht nur in Metropolen und Palästen. Selbst in der hintersten Provinz Palästina, in Dörfern mit Namen Betlehem und Nazareth ist er zu finden. Das sagt uns doch: Er will auch in mein Leben kommen. Selbst das „schmutzige Kleid“ unserer Sünden schreckt ihn nicht ab, sagt Jesaja in der Ersten Lesung.

Freilich ist die Mahnung Jesu im Evangelium ernst. Die Ankunft Jesu, seinen Besuch kann man auch verpassen oder verschlafen. „Seid wachsam!“, legt er uns ans Herz. Gar nicht wenige Menschen tun sich schwer, Gott zu entdecken oder an ihn zu glauben. Sie fragen: Wo ist er denn? Ich kann ihn nicht sehen, nicht spüren… Auch die Israeliten erlebten das. Die Erste Lesung erzählt davon. Nach der Heimkehr aus dem Exil in Babylon ist kaum eine Zukunft für das zerstörte Israel zu erkennen. „Hättest du doch die Himmel zerrissen und wärst hinabgestiegen…“, schreien sie zu Gott. Doch, so heißt es weiter: Du kamst denen entgegen, „die auf deinen Wegen an dich denken“.

Wir können sein Kommen nicht erzwingen. Nicht wir machen Gott. Er hat uns geschaffen. „Er ist der Töpfer, wir sind der Ton“, sagt Jesaja. Doch Gott lässt uns nicht aus seinen Händen. Er geht allen entgegen, die sich nach ihm sehnen, die auf den Wegen nach ihm Ausschau halten. Das ist der erste Schritt zum Glauben.

Warten meint darum nicht, untätig sein. Wir schauen aus nach Gottes Spuren. Sie begegnen uns tagtäglich. In den Sakramenten, in der Heiligen Schrift, im Kirchenjahr, im Leben der Heiligen und in der Schönheit der Schöpfung – überall können wir die Anwesenheit Gottes entdecken, wenn wir dafür wachsam sind.

So wird der Advent zu einer Zeit der Hoffnung. „Gott ist treu“, sagt Paulus. Wir tappen nicht im Dunkel und sitzen nicht im Ungewissen. Gott ist uns entgegengekommen in seinem Sohn Jesus. Das feiern wir im Advent. So lange haben Menschen auf die Ankunft des Messias gewartet. Und dieses Warten war nicht vergebens. Gott hat uns seinen Sohn gesandt. Jesus ist in die Welt gekommen und er bleibt für immer in dieser Welt in seiner Kirche, in den Herzen aller, die an ihn glauben, in unserer gelebten Hoffnung. Nutzen wir die Adventszeit unsere Wachsamkeit für Gottes Spuren zu stärken, uns für seinen Besuch zu bereiten und lebendige Zeugen der Hoffnung zu sein. Amen.

03.12.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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