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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 25. Sonntag im Jahreskreis A
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
es gibt unterschiedliche Reaktionen auf das eben gehörte Evangelium von den Arbeitern im Weinberg. Die einen sind eher ablehnend nach dem Motto: Lohn erhält man nach der Anzahl der geleisteten Stunden. Das ist doch „ungerecht“, was der Weinbergsbesitzer da macht. Die anderen schauen von einem ganz anderen Blickwinkel und freuen sich: Auch der, der in der letzten Stunde zum Herrn findet, erhält noch den Lohn, findet das Heil.
Menschlich sind beide Reaktionen verständlich. Doch bei näherem Hinschauen fällt natürlich auf, dass Gott eben nicht in rein menschlichen Maßstäben zu verstehen ist. „So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind … meine Gedanken über eure Gedanken“, spricht der Herr durch seinen Propheten Jesaja. Gottes Herz ist größer als das unsere, seine Geduld ist unermesslich. Im wahrsten Sinne: Gott sei Dank!
Dass das Leben eines Menschen gelingt, ist nicht allein sein Verdienst. Keiner hat sich die Familie ausgesucht, in die er hineingeboren wurde. Mancher Schicksalsschlag kann einen Menschen aus der Bahn werfen: Der Verlust eines Elternteils, eine Krankheit, Arbeitslosigkeit… Das liegt nicht allein in meiner Hand. Umso dankbarer dürfen wir sein, wenn unser Leben gelingt, wenn wir gute Menschen an unserer Seite haben, wenn wir den Glauben und die Hoffnung bewahrt haben – ja, wenn wir zu den „Arbeitern der ersten Stunde“ im Weinberg gehören. Freilich haben diese Arbeiter die „Last des Tages und die Hitze“ ertragen. Das soll nicht geringgeschätzt werden. Wie viele Menschen bemühen sich tagtäglich um ein christliches Leben, um Ehrlichkeit und Treue – ein Leben lang. Wie viele bringen sich ein in das Leben unserer kirchlichen Gemeinschaft, in Ehrenämter, in den Dienst und in die Sorge um Angehörige, Kinder und Pflegebedürftige. Das ist kostbar. Der Herr sieht das und gibt dafür den Lohn.
Jesus versucht aber auch den Blick dafür zu weiten, dass es eine Gnade ist, dass wir dies in der Sicherheit tun durften, die uns der Glaube schenkt, in der Sicherheit die uns die Tatsache schenkt, dass unser Leben einigermaßen in Bahnen läuft, wie es Jesus im Bild des Tageslohnes ausdrückt.
Es gibt jedoch auch Menschen, die sind aus der Bahn geraten oder haben sie nie gefunden. Nicht allein aus Schuld anderer, nicht allein aus eigener Schuld. Sie leben in der Ungewissheit, ob sie den „Tageslohn“ überhaupt finden. Auch ihnen will Jesus Mut machen, weiter nach dem Trost des Glaubens zu suchen. Und sei es auch in der letzten Stunde, sei es im letzten Atemzug, wir haben immer die Möglichkeit uns zu Gott zu bekehren.
Ihn gefunden zu haben, ist unser Glück. Der heilige Paulus versucht, diese Freude den Christen in der Gemeinde von Philippi zu erklären: „Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn.“ Ein starkes Wort, mit dem der Apostel versucht auszudrücken, was es für ihn bedeutet den Herrn gefunden zu haben. Welche Kraft und Freude es für ihn ist, seinen Weg mit Jesus zu gehen und in seinem Dienst zu stehen.
Wir dürfen in der Zuversicht, die der Glaube auch in der „Last und Hitze des Tages“ schenkt, unseren Weg gehen, unseren Dienst tun. Und wir dürfen andere einladen, für sie beten, dass auch sie – in welcher Stunde auch immer – diese Freude finden und dem Ruf folgen: „Geht auch ihr in meinen Weinberg!“ Amen.
20.09.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler