Predigt von Pfarrer Daigeler zum 4. Ostersonntag A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wir sind es gewohnt, dass Rechtsansprüche auf bestimmte Leistungen formuliert und festgeschrieben wurden. Freilich hat das in vielem seine Berechtigung, um Menschen zu schützen, dass sie nicht übergangen oder übersehen werden. Es hat aber auch eine andere Seite, dass man manchmal den Eindruck gewinnen kann: Hier werden „Ansprüche“ erhoben, aber wo diese Leistungen herkommen oder wer sie bereitstellen kann, darüber wird kaum nachgedacht. Oder gar vom Zusammenhang von Rechten und Pflichten, wie ihn eigentlich jedes Gemeinwesen benötigt und kennt, davon traut sich kaum mehr jemand zu sprechen.
In vieler Hinsicht gilt das auch für das Glaubensleben und für unsere Kirche. Mir erzählen Mitbrüder, dass immer wieder Forderungen aufgestellt werden, welcher Gottesdienst wann und wo stattzufinden hat. Oftmals von Menschen, die vorrangig zu einem bestimmten Fest oder Anlass kommen. Und wir selbst definieren viele kirchliche Angebote von den Wünschen der „Kunden“ her. Die Eltern „wollen“, dass ihr Kind getauft wird, dann wird das gemacht. Bei Erstkommunion, Firmung, Trauung ist es nicht anders. Das ist nicht falsch. Es ist natürlich sinnvoll, das, was möglich ist, auch möglich zu machen. Es ist schön, wenn der Wunsch da ist, ein Kind taufen zu lassen oder den Segen Gottes für die Ehe zu erbitten… Doch braucht es, damit diese Handlungen und Sakramente ihre Fruchtbarkeit entfalten auch die andere Seite, nämlich das Leben aus dem Glauben…
Mich hat beim Lesen der Schrifttexte für diesen Sonntag ein Satz aufhorchen lassen. In der Ersten Lesung hieß es: „Was sollen wir tun?“ In der Apostelgeschichte war die Rede davon, dass Menschen die Predigt des Petrus hören. Die Worte treffen sie ins Herz. Sie erfassen offenkundig, was Jesus für sie getan hat in seinem Kreuzestod und in seiner Auferstehung. Und ihnen wird klar: Jetzt sind wir dran. Es geht hier nicht um einen „Anspruch“, es geht hier um eine Antwort. Unser Glaube und alles, was wir in der Kirche tun, ist Antwort auf das Liebesgeschenk Gottes – Antwort darauf, dass er uns das Leben geschenkt hat und dass er uns in seinem Sohn Erlösung geschenkt hat. Oder, wie es der Petrusbrief sagte, es ist Hinwendung zum „Hirten und Hüter der Seelen“. So konnten wir in der Zweiten Lesung hören.
Es geht mir nicht darum, dass es keine berechtigten Ansprüche in der Kirche gäbe. Ganz profan, wenn ein Pfarrer aus Kirchensteuermitteln besoldet wird, dann haben freilich die Gläubigen auch bestimmte Ansprüche, dass er seine Arbeit nach besten Kräften macht… Und dennoch hat in gewisser Weise keiner von uns – von Papst bis zum kleinsten Gläubigen – „Ansprüche“, jedenfalls nicht so, wie wir sie weltlich verstehen. Alles ist Gnade. Wir leben ganz aus den Gaben, die Gott uns schenkt. Und darum haben wir die Glaubensverpflichtung ihm zu danken – durch unser Gebet, durch unseren Gottesdienst, durch unser Leben aus dem Glauben. Das ist unsere Antwort auf sein Geschenk.
Und ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen. Wenn Gott uns Menschen angesprochen hat, wenn er uns in Jesus seine Botschaft gesagt hat, dann wächst daraus der Anspruch an uns, dass wir uns mit dieser Botschaft befassen. Fragen wir uns: „Was sollen wir tun?“ Im Evangelium verwendet Jesus das Bild eines Hirten. Die Schafe hören auf ihn. Sie erkennen ihn, „denn sie kennen seine Stimme“. Kennen wir seine Stimme? Oder anders gefragt, sind wir mit den Worten Jesu und mit seiner Botschaft vertraut?
Der Glaube ist ein Geschenk. Er ist das Geschenk, dass wir Gott kennen dürfen, und das Wissen darum, dass er uns kennt. Der Glaube ist aber nicht zuerst Anspruch, sondern vielmehr Auftrag, dass wir auf seine Stimme hören und ihr Antwort geben, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben. Amen.
30.04.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler