Predigt von Pfarrer Daigeler zu Fronleichnam C
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, bei Vielen ist das Bewusstsein für den Wert von Nahrung und anderen Gaben der Schöpfung gewachsen. Das wird unterschiedliche oder auch mehrere Gründe haben. Mancher hat in den Beschränkungen der Pandemie die Liebe zur Gartenarbeit neu entdeckt, andere sehen die Begrenztheit der Schöpfung und sorgen sich um ihre Bewahrung, wieder andere spüren deutlich die Teuerung der Güter und müssen schauen, wie sie zurecht kommen.
All das setzt jeweils bei der Beobachtung und Achtung dessen an, was wir alle wahrnehmen können, wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen. Dafür braucht es keine gesonderte Begabung, kein eingeweihtes Wissen. Der christliche und hier speziell der katholische Glaube setzt viel häufiger bei den wahrnehmbaren Dingen und bei der greifbaren Wirklichkeit an, als uns oft bewusst ist.
Schauen wir kurz in das eben gehörte Evangelium. Lukas hält zunächst eine Reihe von Ergebnissen menschlicher Aufmerksamkeit fest, die keine Nebensächlichkeiten sind. Zuerst bemerken die Jünger Jesu, dass „der Tag zur Neige geht“. Man kann nicht einfach so weitermachen. Vorbereitungen, Vorsicht und Vorsorge sind gefragt. Und das tun die Jünger auch. Sie überblicken das, was sie zur Verfügung haben, und das ist nicht all zu viel: „fünf Brote und zwei Fische“. Daraus folgern sie, besser die Zuhörer nach Hause schicken, bevor sie hungrig bleiben.
Übergehen wir diese Wahrnehmungen nicht im Blick auf das anschließende Wunder Jesu. Aus gutem Grund hat sie der Evangelist für uns festgehalten. Für jeden einzelnen Christen und für die Kirche als Gemeinschaft gilt es zunächst den wachen Blick zu bewahren für das, was da ist. Wie sieht es um meine, um unsere Kräfte und tatsächlichen Ressourcen aus? Stehe ich am Anfang, in der Mitte des Tages, des Lebens oder neigt sich der Tag bereits? Habe ich viele oder wenige Brote? Und vor allem bin ich bereit sie einzubringen, damit nicht nur ich, sondern auch andere satt werden?
Erst auf dieser Grundlage wirkt Jesus das Wunder der Speisung der Vielen. Er nimmt das, was wir geben und einbringen, und macht es groß. Er hört meine Gebete, dann wenn ich das Meine, das, was in meinen Kräften steht, getan habe. Und so ist es in der ganzen Kirche. Darum haben die Sakramente alle eine greifbare Seite wie etwa das Brot und der Wein, die Grundlage für die Eucharistie, die wir mit dem Fronleichnamsfest dankbar feiern.
Darum ist auch meine Teilnahme am Gottesdienst wichtig und unersetzbar. Gott wirkt nicht in einem Vakuum, nicht über die Köpfe hinweg. Er hat sich durch Jesus einen sichtbaren Leib erwählt, der die Kirche ist. In der kirchlichen Gemeinschaft, in unserem Beten und Glauben, in unserem Zeugnis, in unserer gelebten Liebe will der Herr gegenwärtig sein. Wir sind die „fünf Brote und die zwei Fische“, durch die der Herr mit seiner Gnade die Vielen satt machen will. Darum gibt es keinen Glauben ohne die Kirche. Sie ist der Körper, der Leib für die Seele des Glaubens.
Damit die Kirche und mit ihr jeder von uns das bleibt und sein kann, schenkt uns der Herr die heilige Kommunion. Sie ist unersetzbar. In ihr nährt der Herr uns für unseren Weg. Der Dankbarkeit für dieses Geschenk ist das heutige Fronleichnamsfest geweiht. Wir bekennen, dass der Herr selbst, wahrhaft und leibhaft, in der Eucharistie bei uns ist. Und dieses Bekenntnis ist nicht nur ein Wort, es ist unser Gehen mit dem Herrn und für den Herrn in der anschließenden Prozession. Damit die Welt auch durch uns sieht und begreift, der Herr ist wirklich bei uns. Amen.
16.06.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler