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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Ostersonntag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, nach der Überlieferung der Evangelisten, wir hörten es am Palmsonntag, feierte Jesus an seinem letzten Abend mit seinen Jünger das Pascha. Dieses Fest beging er, beheimatet in Glaube und Sitte Israels, Jahr für Jahr. Eigentlich nichts Außergewöhnliches. Seine Freunde gehen ja davon aus, wenn sie nachfragen, wo sie das Paschamahl vorbereiten sollen. Das Osterfest, das wir heute feiern, und das Paschafest, das die Juden begehen, hängen nicht nur terminlich – wie es heuer der Fall ist – zusammen. Worum geht es?

Pascha ist das Fest der Befreiung aus der Knechtschaft. Sklaven und Fremde waren die Israeliten in Ägypten geworden, nun sind sie frei und haben ein Heimatland. Dieses große Geschenk ruft das Fest in Erinnerung. Doch der etwas schwierig zu übersetzende Name „Pascha“ bedeutet nicht „Befreiung“, sondern „Vorübergang“. Doch wer oder was ist da „vorübergegangen“?

Wir hörten es am Gründonnerstag. Die Vernichtung, das Urteil über die Hartherzigkeit der Menschen, ist an den Gläubigen Israels vorübergegangen. An ihrer Stelle starben Lämmer, Paschalämmer. Deren Blut wurde stellvertretend für die Israeliten vergossen und an die Türpfosten gestrichen. So ging das Unheil an ihnen vorüber. Das feiert dankbar Jesus mit seinen Jüngern.

Uns mögen solche alten Bräuche befremden. Doch sind sie uns wirklich so fremd? Das, was sie ausdrücken, verstehen auch wir. In kleineren Gesten kennen auch wir sie. Da tut mir zum Beispiel jemand etwas Gutes und hilft mir. Ich kann seine Zeit und seinen Einsatz nicht ersetzen, nicht dasselbe für ihn tun. Dennoch bedanke ich mich mit einem Geschenk, mit einer Gabe, die Dank und Freude ausdrückt. Noch deutlicher wird es im Miteinander. Wir leben nicht nur symbolisch von anderen. Oder die Zeit und Aufmerksamkeit, die Eltern verschenken, sind lebensnotwendig, damit ein Kind gut ins Leben wachsen kann. Die Zeit und Zuwendung, die man einem Kranken oder Pflegebedürftigen gibt, ist kostbarer als Geld, Medizin oder sonst etwas.

Freilich kann man einwenden: Das ist aber immer nur „etwas von uns“, es ist nicht „wir selbst“. Ja, es ist unmöglich, sich selbst ganz zu geben, ohne dabei sein Leben zu verlieren. Und eben darum ging es beim Opfer der Paschalämmer. Worauf will ich hinaus? Ich möchte nicht für einen überkommenen Brauch werben. Aber ich frage mich, was es bedeutet, wenn der heilige Paulus in der Zweiten Lesung schreibt: „denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden“?

Der Apostel sagt hier nicht weniger als, dass Christus sich selbst verschenkt hat, wie wir es am Kreuzfreitag bei der Kreuzverehrung bedacht haben. Christus hat sein Leben gegeben, damit wir das Leben haben. Nur die Liebe rettet die Welt – die Liebe, die sich selbst ganz verschenkt. Das ist göttlich. Darum rettet uns allein die Liebe Gottes, die größer ist als alle Bosheit und alles Dunkel der Welt. Kein Mensch kann sich selbst retten, sich selbst aus der Knechtschaft der Sünde und des Todes befreien. Darum ist Christus an unsere Stelle getreten. Er hat am Kreuz gleich dem Paschalamm sein Blut vergossen für uns.

Dafür „sind wir Zeugen“, ruft Petrus öffentlich aus, wir hörten es in der Ersten Lesung. Die Jünger zauderten und zweifelten zunächst. Das Evangelium sagt das offen. Doch die Jünger haben sich ergreifen lassen von diesem unerhörten Ereignis: Der Herr lebt. Das geschlachtete Lamm hat neues Leben gebracht. „Das Lamm hat erlöst die Schafe“ (Ostersequenz).

Als Christen sind wir Zeugen des neuen Lebens, das uns Christus gebracht hat. Wir feiern an Ostern, dass wir befreit sind aus der Knechtschaft des Todes und dass wir eine ewige Heimat haben bei Gott. Das Neue hat bereits begonnen. Als Christen sind wir nicht Menschen des Vergangenen, wir hängen nicht alten Geschichten von früher nach. Wir vertrauen auf das neue, größere, ewige Leben, das uns Christus als Paschalamm aufgeschlossen hat. Er lebt. Und mit ihm haben wir das Leben! Amen.

17.04.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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