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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Weißen Sonntag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, immer am Oktavtag von Ostern, den wir nach den Kleidern der in der Osternacht Neugetauften auch den Weißen Sonntag nennen, hören wir von zwei Erscheinungen des auferstandenen Jesus. Und wir hören ebenso von einem Apostel, den man oft als den „ungläubigen Thomas“ bezeichnet.

Freilich kann man sich mit diesem Begriff auf den Text des Evangeliums beziehen, das wir eben gehört haben. Jesus fordert Thomas heraus, dass dieser seine Finger in die Wundmale lege und „nicht ungläubig, sondern gläubig“ sei. Dennoch kann dieser Begriff missverständlich sein.

Thomas hat zunächst guten Grund nachzufragen. Die anderen Apostel hatten etwas erlebt, er aber nicht. Sie hatten den Herrn gesehen, Thomas war aber nicht dabei gewesen. Es ist durchaus legitim, dass er nachfragt. Fragen sind gut. Ich habe das in den letzten Wochen bei unseren Kommunionkindern erlebt. Ganz offen – wie das eben Kinder im Gegensatz zu uns Erwachsenen tun – haben sie gefragt, wenn sie etwas nicht verstanden haben. Wie sollte man auch sonst verstehen, wenn man nicht nachfragt?

Und das gehört wesentlich zu unserem christlichen Glauben. Wir glauben nicht aufgrund eines Bauchgefühl, aufgrund einer bloßen Meinung, die heute so oder morgen so sein kann. Der christliche Glaube ist vernünftig. Glaube und Vernunft kommen am besten dann zum Ausdruck, wenn sie einander begegnen und miteinander in einen Dialog eintreten.

Wie komme ich zu dieser These. Ganz am Ende des Johannesevangeliums, dessen letzte Verse wir gerade gehört haben, sagt uns der Evangelist: Im Anfang war der Logos, und der Logos ist Gott. Das griechische Wort „Logos“ kann man sowohl mit Vernunft, als auch mit Wort übersetzen. Das ist wichtig. Unser Glaube beruht auf der Offenbarung Gottes. Das heißt, Gott hat sich gezeigt, er hat sein Innerstes für uns offengelegt, er hat uns angesprochen in einer Weise, wie wir es verstehen können. In anderen Worten bekennen wir diese Wahrheit, wenn wir sagen, dass der Gott selbst Mensch geworden ist in seinem Sohn. Jesus hat uns mitgeteilt, wer Gott ist und wie Gott ist. Und er hat diese Botschaft seinen Jüngern anvertraut, dass diese sie weitersagen, bis der Herr wiederkommt. Der Glaube ist also sowohl verstehbar, als auch sprechbar.

Und genau um diese Frage geht es im Evangelium heute. Am Beispiel des Thomas sollen wir lernen, dass wir nicht weiter weg sind von Jesus als die Apostel. Das, was der Herr ihnen anvertraut hat, haben sie weitergegeben. Und es wird weitergegeben bis zum heutigen Tag. Darum kann die Kirche keine neue Botschaft erfinden, sie kann kein anderes Wort sagen als das Wort Christi. Und sie kann nicht aufhören, sein Gedächtnis zu feiern in der heiligen Eucharistie. Denn hier dürfen wir den Leib des Auferstandenen tatsächlich berühren. Er selbst kommt in unsere Mitte und sagt: Berühr mich und lass dich von mir berühren. Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.

Unser Glaube ist vernünftig, weil er auf glaubwürdigen Zeugen beruht. Und gleichzeitig fordert er uns heraus, uns noch einen Schritt weiter zu wagen und zu glauben, auch dort, wo wir nicht sehen, wo unsere Sinne nicht ausreichen für die größere Wirklichkeit Gottes. Amen.

27.04.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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