Predigt von Pfarrer Daigeler zum ersten Adventssonntag
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn ein Menschenkind auf die Welt kommt, wird es hoffentlich von einer Mutter in den Arm genommen. Und wenn ein Mensch aus dieser Welt geht, hält ihn hoffentlich die Hand eines lieben Menschen. Dass einer zu mir steht, mir zur Seite steht, ist lebenswichtig. Und um eben dieses Thema dreht sich auch die Adventszeit, die wir mit dem ersten Adventssonntag beginnen.
Wir hören in den kommenden, vier Adventswochen, und so auch heute, Worte des Propheten Jesaja. Sie sprechen von der Sehnsucht nach Trost und Heilung. „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt“, heißt es im Adventslied: „O Heiland, reiß die Himmel auf…“ Und ich denke, es ist nicht schwer zu begreifen: Trost ist, dass da einer bei mir ist, bei mir bleibt, etwas mit mir durchsteht. Nicht dass es eine einfache oder technische Lösung für jedes Problem gibt, ist der Trost – auch wenn uns das gerne angekündigt wird. Sondern dass sich jemand nicht aus dem Staub macht, wenn es ernst wird. Dass einer bei mir ist, das ist der wahre Trost.
Die Heilige Schrift ist eine Sammlung von genau solchen Erfahrungen. Menschen haben ganz konkret in ihrem Leben Gottes Nähe als Trost erfahren. Sie haben erlebt, dass Gott ihnen nahe war auch in schweren Stunden. Jesaja drückt das so aus: „Unser Erlöser von jeher“ wirst du genannt, Gott, unser Vater. Der Prophet beschreibt dann weiter auch Irrwege und Umwege, die Menschen immer wieder in ihrem Leben gehen. Aber über all dem steht sein Gottvertrauen, das Jesaja im Gebet ausdrückt: „Seit Menschengedenken hat man noch nie vernommen …, dass es einen Gott gibt außer dir, der denen Gutes tut, die auf ihn hoffen.“
Jesaja erinnert uns an die Frohe Botschaft unseres Glaubens: Gott ist nicht weit weg. Er lässt uns nicht im Stich. Er steht zu uns. Er ist „unser Erlöser von jeher“. Gleichzeitig zeigt der Prophet auch die andere Seite, nämlich unseren Auftrag, wenn er von denen spricht, „die auf ihn hoffen“. Ja, „Gott ist treu“, so bezeugt es auch der heilige Paulus in der Zweiten Lesung. Doch an uns ist es, in der Gemeinschaft mit ihm zu bleiben. Der Glaube ist kein Selbstläufer. Er lebt von der Gemeinschaft mit dem Herrn. Ganz konkret: Der Glaube lebt aus dem Gebet, aus dem Hinhorchen auf Jesu Wort, aus der Zeit, die wir ihm schenken, aus der Zeit, die wir im Gottesdienst mit Jesus verbringen. So wächst unsere Hoffnung durch die Verbundenheit mit ihm. Das muss in guten Tagen eingeübt werden, damit es in schweren Tagen trägt.
Jesus drückt es so aus: „Seid wachsam.“ Die Adventszeit ist eine Einladung, neu die Wachsamkeit des Glaubens einzuüben. Gerade in einer Zeit, die ja manche Verunsicherung mit sich bringt, ist es wichtig, dass wir wachsam bleiben für die vielen Zeichen der Gegenwart und Güte Gottes in unserer Welt und in unserem eigenen Leben. Nehmen wir uns in den kommenden Tagen Zeit für das Gebet, Zeit für Jesus. Unsere Kirchen stehen jeden Tag offen. Wir haben verschiedene Gebets- und Gottesdienstangebote. Vielleicht nehmen Sie auch die Heilige Schrift zur Hand und lesen darin – oder lesen Sie ein geistliches Buch… Damit der Herr uns nicht „schlafend findet“, sondern wach und voll Hoffnung. Damit wir Menschen sind, die sich durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten, wie wir es im Tagesgebet gesprochen haben. Damit wir Menschen sind, die auf Ihn vertrauen, denn er ist „Unser Erlöser von jeher“. Amen.
29.11.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler