Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Sonntag im Jahreskreis C
Jes 62,1-5; 1 Kor 12,4-11; Joh 2,1-11
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, jetzt müsste ich eigentlich die Ehemänner zur Hilfe bei der Predigt holen. Sie könnten helfen, diesen wunderbaren Satz zu veranschaulichen: „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich.“ Dieses Trostwort des Jesaja haben wir gerade in der Ersten Lesung gehört. Im Bild von Braut und Bräutigam beschreibt der Prophet die besondere Beziehung, die Gott seinem Volk Israel schenkt.
Freilich werden diese Worte in eine konkrete Situation hinein gesprochen. Zur „Verlassenen“ und „Verwüsteten“ ist die Stadt Jerusalem geworden. Viele Jahre war das Volk in der Verschleppung in Babylon. Die Stadt liegt in Trümmern. Und auch jetzt, wo das Volk in die Heimat zurückkehren durfte, sind nicht alle Probleme gelöst. Mühsam ist der Wiederaufbau, die täglichen Beschwerden und Herausforderungen des Alltags sind bestehen geblieben. Kein irdisches Paradies ist angebrochen.
Gottlob nicht in dieser Heftigkeit gibt es aber doch eine Ähnlichkeit zur Ehe. Bei aller Festlichkeit der Trauung und der Freude über die Braut bleiben in der Ehe die täglichen Herausforderungen, das Ringen um den Zusammenhalt und die Versöhnung, die Sorge um die Familie und die Kinder… Sagen wir es ehrlich, auch für aufrichtige und gläubige Menschen kann die Stunde kommen, da „der Wein ausgeht“, wie wir es im Evangelium hörten. Der Glaube nimmt uns da nicht einfach heraus.
Und doch schenkt uns der Glaube etwas unendlich Kostbares, was Jesus dem Brautpaar mit dieser kaum fassbaren Menge von 600 Litern Wein verdeutlicht. Der Glaube schließt eine unerschöpfliche Quelle auf: die Liebe Gottes. Auch wenn manches nicht so gelingt, wie wir es uns vornehmen. Auch wenn wir nicht alles erreichen, wofür wir arbeiten. Auch wenn manches im Leben in die Brüche geht. Sein Erbarmen ist nicht erschöpft. Seine Barmherzigkeit ist ohne Maß.
Ist das jetzt eine fromme Floskel? Nein! Die Gewissheit zu haben, dass ich unerschütterlich geliebt bin, ist unendlich kostbar – gerade in schweren Stunden. Die Gottesmutter weiß das, darum weist sie die Diener darauf hin: Jesus weiß, was zu tun ist. Er weiß, was ihr braucht. Und er gibt im Übermaß. Ganz konkret dürfen die Hochzeitsgäste in Kana das erleben. Aber auch uns sagt Maria: „Was er euch sagt, das tut.“ Vertraut dem Herrn, er verlässt euch nicht.
Es ist wichtig an diese Frohe Botschaft zu erinnern. Es ist aber ebenso wichtig, dass Menschen im Sakrament der Ehe diese Botschaft verkörpern. In der Liebe und Treue der Eheleute wird die noch größere Liebe und Treue Gottes ganz konkret sichtbar in unserer Welt. Was für ein kostbares Zeichen! Man könnte sagen, es ist ein noch größeres „Zeichen“ als das „erste Zeichen“, das Jesus in Kana wirkt, wenn Mann und Frau mit Gottes Hilfe in guten und bösen Tagen zusammenstehen.
Der heilige Paulus spricht im Korintherbrief von der gegenseitigen Ergänzungsbedürftigkeit. Unterschiedliche Begabungen und Charismen müssen eingebracht werden zum Aufbau einer christlichen Gemeinde, zum Aufbau einer christlichen Familie. Haben wir keine Angst, etwas zu verlieren wenn wir etwas von uns verschenken. Haben wir keine Angst, dass wir zu kurz kommen könnten, wenn wir die tägliche Treue leben – die Treue zu Gott und die Treue zueinander. Seine Liebe ist unermesslich, die er uns schenken will. „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich.“ Amen.
19.01.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler