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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Neujahrstag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, für uns Menschen spielt Zeit eine wichtige Rolle – nicht nur zum Jahreswechsel. „Zeit ist Geld“, sagt die Berufswelt. Zeit ist kostbar, wissen wir aus Beziehungen und Besuchen. Eigentlich gibt es nichts Kostbareres, das wir einem anderen schenken können als Zeit und damit Aufmerksamkeit.

Wenn wir über Gott sprechen, nennen wir ihn oft den „Ewigen“, weil er keinen Anfang und kein Ende hat, weil er über der Zeit, ja außerhalb der Zeit steht. Und doch lenkt das Weihnachtsfest unseren Blick auf eine Seite, die uns Gott in Jesus gezeigt hat, die wir mit Fug und Recht als das Besondere des Christlichen bezeichnen dürfen. „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott uns seinen Sohn“, so hörten wir es eben in der Zweiten Lesung. Der Unfassbare hat sich berührbar gemacht. Der Ewige wurde als Kind geboren und ist als Mensch gestorben. Was für ein Geheimnis! Was für ein Geschenk!

Wir dürfen in diesen weihnachtlichen Tagen dankbar darüber staunen. Denn diese Zusage ist wirklich Evangelium, eine frohe Botschaft: Gott ist uns nahe, er ist der Immanuel, der Gott-mit-uns. So sagt es uns auch der Name, den das neugeborene Kind nach jüdischer Sitte am achten Tag erhält, wie wir es gerade im Evangelium hören konnten. Der Name lautet „Jesus“, das heißt übersetzt: „Gott rettet“. Ja, Jesus ist der Retter, denn er ist die Hand, die Gott uns entgegen gestreckt hat, damit wir nicht untergehen in unseren – oft selbst gebauten – Ausweglosigkeiten, damit wir in Jesus zu Gott finden.

Damit wir dieses Glaubensgeheimnis begreifen, richtet die Kirche heute am Ende der Weihnachtsoktav den Blick auf die Gottesmutter Maria. „Geboren von einer Frau“, sagt der Apostel Paulus im Galaterbrief. Ganz nüchtern klingt das. Doch es ist eine unerhörte Botschaft. Wie wir alle wollte er auf die Welt kommen, geboren von einer Frau, einer Mutter. Darum ist Maria uns eine so kostbare Glaubenszeugin. Sie hat das Wort getragen, es aufgenommen, ihm ganz geglaubt und es unter ihrem Herzen getragen. Aus Maria wurde Jesus Mensch. Das Wort wurde Fleisch. Gottes Sohn hat Hand und Fuß, damit wir ihn begreifen und annehmen.

Lassen wir uns von Maria in diesem Glauben bestärken. Lassen wir uns von der Gottesmutter begleiten durch das neue Jahr, dann wird auch diese Zeit gesegnet sein. Der große Kirchenlehrer und Theologe Papst Benedikt, der gestern heimgerufen wurde, hat seine ersten Enzyklika Deus caritas est („Gott ist die Liebe“) bewusst am Weihnachtsfest veröffentlicht. In diesem Schreiben denkt er auch über das Geheimnis der Menschgewordenen Liebe Gottes nach. Glaube ist nichts Abstraktes, er ist Freundschaft, Beziehung. Er ist Liebe zu dem, der uns zuerst geliebt und uns seinen Sohn als Retter geschenkt hat. Dass wir das tiefer erfassen und dass immer mehr Menschen das begreifen, darum möchte ich mit einem Mariengebet von Papst Benedikt bitten, das er an das Ende seiner Enzyklika Deus caritas est gesetzt hat:

Heilige Maria, Mutter Gottes,

du hast der Welt das wahre Licht geschenkt,

Jesus, deinen Sohn — Gottes Sohn.

Du hast dich ganz dem Ruf Gottes überantwortet

und bist so zum Quell der Güte geworden, die aus ihm strömt.

Zeige uns Jesus. Führe uns zu ihm.

Lehre uns ihn kennen und ihn lieben,

damit auch wir selbst wahrhaft Liebende und Quelle lebendigen Wassers werden können inmitten einer dürstenden Welt. Amen.

01.01.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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