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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 9. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde das Grundgesetz unterzeichnet. Es ist die Verfassung unseres Landes. Im Grundgesetz schrieb man in Artikel 140 auch den Schutz des Sonntags fest, als ein „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“.

Das Besondere an unserer Verfassung ist, das sie hinausblickt über das, was man einfach durch einen Mehrheitsbeschluss entscheiden oder auch verändern könnte. Den Vätern und Müttern des Grundgesetzes war klar, gerade weil sie zuvor die Schrecken einer gottlosen Diktatur erlitten hatten: Demokratie lebt nicht allein von Mehrheitsentscheidungen. Die Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie sich selbst nicht zu geben vermag. Es gibt Werte, Haltungen, Regeln, die sind auch dann wahr und richtig, wenn sie eine parlamentarische Mehrheit in Frage stellen würde.

Ein Beispiel dafür ist der Schutz des Sonntags. In der Ersten Lesung haben wir aus dem Alten Testament gehört: „Halte den Sabbat: Halte ihn heilig“. Diese Weisung kennt nur das Volk Israel. Alle seine Nachbarn kennen Feiertage und Feste. Aber einen wöchentlichen Ruhetag, an dem alle, selbst der Diener oder Sklave und selbst der Fremde keine Arbeit verrichtet, das ist einzigartig. Das ist ein Geschenk, eine Offenbarung Gottes. Aber es ist ein „Schatz in zerbrechlichen Gefäßen“, wie es Paulus in der Zweiten Lesung über die Offenbarung Gottes sagt.

Den Ruhetag haben wir Christen übernommen, auch wenn wir den Gedanken des Sabbats auf den Sonntag verlegt haben, weil es der Tag der Auferstehung Christi ist. Das ist eine große Errungenschaft, die es immer neu zu verteidigen gilt – gegen politische Aufweichungen, gegen wirtschaftliche Interessen, aber auch gegen unsere eigenen Ideen: Könnte man nicht heute auch dieses oder jenes tun…?

Kein Wunder, dass die Zeitgenossen Jesu diesen Tag verteidigen. Sie tun das mit Recht. Das bestreitet Jesus auch nicht. Aber das Anliegen des Sabbats ist die Ruhe, ist die Erholung und Stärkung des Menschen. Darum bricht den Sonntag nicht, wer für andere Dienst tut in Pflege oder Sorge. Nichts anderes sagt ja Jesus.

Das Gebot sagt: Du sollst den Sonntag heiligen. Es gibt verschiedene Weisen den Sonntag zu heiligen – durch Gebet und Gottesdienst, durch Ruhe, durch Zeit für die Familie und den Nächsten… Grundsätzlich kann also jeder den Sonntag heiligen. Auch dann, wenn es viel zu tun gibt. Vielleicht ist es gerade dann besonders notwendig, damit wir nicht ausbrennen. Man kann sich schlicht die Frage stellen: Wie unterscheidet sich mein Sonntag von den anderen Tagen?

Früher haben sich die Menschen anders angezogen. Ein wertvoller Brauch. Man hat sich Zeit genommen, miteinander zu essen. Auch etwas Kostbares. Für uns Christen ist ein unverzichtbarer Bestandteil die Sonntagsmesse. Seit es Christen gibt feiern sie die Eucharistie am Tag des Herrn. Wir vergewissern uns, dass der Herr auferstanden ist, dass er lebt, dass er unsere Freude und unsere Kraft ist.

Die Märtyrer von Abitene sind im frühen vierten Jahrhundert für dieses Bekenntnis in den Tod gegangen: Sine dominico non possumus. Ohne den Tag des Herrn und ohne die Feier des Herrn in der Messe können wir nicht leben. Denn Er lässt uns leben – nicht nur vegetieren oder funktionieren. Gott lässt uns leben, darum hat er uns den Sonntag geschenkt. Halten wir ihn heilig! Amen.

02.06.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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