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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Neujahrstag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, für den kommenden März sind in ganz Bayern Pfarrgemeinderatswahl angesetzt. Wir haben bislang nicht für jeden Ort unserer Pfarreiengemeinschaft genug oder überhaupt Kandidaten. Erzähle ich das, um am ersten Tag des neuen Jahres die Stimmung zu trüben oder um Sie mit einem Vorwurf nach Hause zu schicken? Nein, aber ich meine, an diesen Beispielen wird etwas sichtbar. Wir nehmen in der Gesellschaft und in der Kirche häufig an, dass bestimmte Dinge einfach oder immer „da“ seien.

Die Kirche gibt es, es steht doch in jedem unserer Orte mindestens ein Kirchengebäude. Vereine gibt es, an Allerheiligen wurden doch Vereinsfahnen ans Kriegerdenkmal getragen. Der Staat soll sämtliche Probleme und Krisen lösen… Ich bin überzeugt, dass diese drei Annahmen nicht zutreffen, denn sie gehen immer davon aus, dass „jemand anderes“ etwas machen wird oder soll.

Das Fest der Gottesmutter Maria, das wir heute feiern, zeigt uns eine andere Logik, die dem Christentum innewohnt. Am Beispiel Marias sehen wir: Es braucht immer konkrete Menschen, die sich zur Verfügung stellen, die sich in Dienst nehmen lassen, die unter Umständen auch eigene Pläne zurückstellen um einer größeren Sache willen und die dafür in Kauf nehmen Außenseiter zu sein oder verspottet zu werden. Genau das ist in Nazareth geschehen. Und dennoch sagte Maria: „Ich bin bereit. Ich bin die Magd des Herrn.“

Der Glaube ist nicht nur eine Idee, nicht bloß ein Wort. Und genauso wenig ist es die Kirche. „Das Wort ist Fleisch geworden“, hören wir in diesen weihnachtlichen Tagen immer wieder. Konkret als Mensch hat Gott sich gezeigt. „Geboren von einer Frau“, hieß es im Galaterbrief. Und Jesus hat Menschen um sich geschart und in seine Nachfolge gerufen. Nur wo Menschen sich auch heute rufen lassen, hat der Glaube Zukunft: Rufen lassen zu einem gelebten Glauben im Alltag, Rufen lassen zur Mitarbeit in der Pfarrgemeinde, Rufen lassen zum kirchlichen oder priesterlichen Dienst. Das alles ist nicht theoretisch, es ist konkret. Das geht nicht irgendwen an, das geht mich an. Es ist nicht Aufgabe der anderen, es ist meine Aufgabe.

Die Hirten im Evangelium laden uns zu diesem Weg ein. Sie lassen sich ansprechen. Sie machen sich auf den Weg zum Stall. Dort finden sie das Kind, sie staunen und werden mit Freude beschenkt. Sie teilen ihre Glaubenserfahrung, das, was ihnen die Engel sagten, so hörten wir es eben im Evangelium. Und Maria bewahrt das Gesehene und Gehörte in ihrem Herzen, um es wiederum mit anderen zu teilen.

Nur so gelingt das Kirche Sein auch heute: Sich auf den Weg zum Heiland machen, ihm unsere Gaben bringen und seine Freude mit anderen teilen. Das wäre doch ein guter Vorsatz für das neue Jahr. Möge die Gottesmutter Maria uns darin Vorbild und Ermutigung sein. Sie zeigt uns das Christuskind, das uns Segen sein soll an jedem Tag. Amen.

01.01.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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