Predigt von Pfarrer Daigeler zum 12. Sonntag im Jahreskreis C
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, ich sage es offen: Wenn ich die Zeitung lese oder auf mein Smartphone schaue, dann entscheide ich beim ersten Lesen der Überschrift, ob ich die Nachricht überhaupt lese oder öffne. Sicherlich ist das aufgrund der Menge von Informationen, die wir täglich angeboten bekommen, gar nicht anders möglich. Gleichzeitig führt es auch dazu, dass man von einer Sache zwar „schon mal gehört“ hat, sie aber nicht tiefer ergründet oder erörtert hat.
Etwas Ähnliches begegnet uns heute im Evangelium. Viele Menschen haben damals von Jesus gehört. Auch in einer Zeit ohne Medien gingen Gerüchte schnell durchs Land. Nicht alle aber haben Jesus persönlich gesehen und ihm zugehört oder sich gar mit seinen Predigten wirklich auseinandergesetzt. Darum gibt es verschiedenste Ansichten über ihn, wer er denn sei oder wofür er stehe. Jesus spricht das im Kreis seiner Freunde offen an: „Für wen halten mich die Leute?“
Verschiedene Antworten sind denkbar und werden genannt, damals wie heute. Petrus gibt die entscheidende Antwort. Und weil er der Erste ist, der dies erkannt hat, ist er der Erste im Kreis der Zwölf. Du bist der „Christus Gottes“, bekennt Simon Petrus. Eine Schlagzeile: Jesus von Nazareth ist der Sohn Gottes. Die alte Verheißung ist erfüllt, Gott ist als Mensch unter den Menschen erschienen… So oder ähnlich könnte es lauten. Doch eigenartigerweise stoppt Jesus nun seine Jünger. Man würde doch davon ausgehen, dass er gerne möchte, dass sie diese Nachricht mit möglichst vielen Freunden teilen. Aber nein, Jesus weist sie an, „es niemandem zu sagen“. Warum das?
Begriffe bedürfen zunächst der Klärung. Es kann vorkommen, dass zwei Menschen dasselbe Wort verwenden, aber Unterschiedliches damit meinen. Und für Jesus ist klar, wirklich verstehen, wer er ist, kann nur der, der auf das Kreuz schaut. Das Wort des Propheten Sacharja, das wir in der Ersten Lesung hörten, klingt in der Passion wieder an: „Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“.
Der Monat Juni ist im Brauchtum der Kirche mit der Herz-Jesu-Verehrung verbunden. Das hat heute eine geringere Bedeutung als in früheren Zeiten, auch wenn Papst Franziskus seine letzte Enzyklika eigens der Herz-Jesu-Verehrung gewidmet hat. Aber die Essenz ist in jedem bleibend wichtig. Erst im Blick auf das durchbohrte Herz des Erlösers verstehen wir, was es bedeutet, wenn wir sagen: „Gott ist Liebe.“ Oder: „Jesus hat ein Herz für uns.“ Da geht es nicht nur um Gefühle oder emotionale Regungen. Es geht darum, wie real und wie kostbar diese Liebe ist. Alles, ja sich selbst hat der Herr geben – für uns, damit wir ihm glauben, damit wir aus den Sackgassen unserer Lieblosigkeit befreit und erlöst werden. Es geht nicht nur um Worte oder Schlagzeilen, es geht um das ganze Leben. Es geht um alles.
Darum spricht der heilige Paulus im Galaterbrief davon, dass wir Eigentum Christi geworden sind durch den Glauben und die Taufe. Was wir in der Kirche feiern, ist nicht nur ein netter Spruch oder ein frommes Wort. In allen Sakramenten feiern wir, dass der Herr sein Leben für uns gegeben hat. Und wir erhalten Anteil an dieser Hingabe, damit wir immer mehr fähig werden, uns ihm ganz zu geben, ihm unser Leben zu übergeben. Oder wie es Jesus sagt: Wenn einer mein Jünger sein will, „verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“. Amen.
22.06.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler