Predigt von Pfarrer Daigeler zum 16. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, am vergangenen Sonntag konnten wir im Evangelium hören, dass Jesus die Jünger als seine Mitarbeiter aussandte. Heute hören wir davon, dass sie zu ihm zurückkehren und bei ihm ausruhen dürfen. Beides gehört zum Menschsein und zum Christsein: die Aktivität, das Arbeiten und Schaffen, aber auch die Ruhe, die Erholung und Erbauung.
Wir können etwas davon beispielsweise am Kirchenjahr sehen, dass den Jahreskreis sowie verschiedene Festzeiten kennt. Aber auch unsere Woche unterscheidet zwischen Werktag und Sonntag. Manchem scheint diese Ordnung zu starr, zu festgelegt. Wäre es nicht sinnvoller, wenn ausschließlich jeder selbst seine Freizeit und seine Urlaubstage festsetzt? Freilich hat dieses Anliegen seine Berechtigung. Wir kennen unsere persönlichen Bedürfnisse, wir wissen, wann wir leistungsfähig sind oder uns ausruhen müssen. Gleichzeitig braucht es auch die äußere Ordnung, die gemeinschaftliche Struktur des Lebens. Der Sonntag ist ein kostbares Gut. Er wurde gegründet aus der jüdischen Achtung des Sabbats und hat sich durch das Christentum in Europa ausgebreitet. Das Wertvolle des Sonntags ist, dass nicht nur der Einzelne, sondern die ganze Gesellschaft zur Ruhe kommen soll, damit wir uns alle nicht verausgaben.
Zahlreiche Diskussionen der Gegenwart drehen sich um den Klimawandel und um die Bewahrung der Schöpfung. Unabhängig von einzelnen Bewertungen oder von Detailfragen wie Energiequellen und Elektroautos, meine ich, dass es um eine grundsätzlichere Frage geht. Vielleicht müssen wir alle „einen Gang zurückschalten“. Sei es vom Tempo unseres Lebens, wo sich oft ein Ereignis sofort an das andere reihen soll, sei es von der Menge unseres Verbrauchs an Gütern.
Ein befreundeter Pater sagte mir am Anfang der Corona-Krise: „So konnte es ja auch nicht weitergehen mit unserem Lebensstil. Vielleicht hat uns der Herrgott diese Bremse geschickt als Mahnung…“ Man muss diese Einschätzung nicht teilen, aber ich denke mir selbst im Kleinen: Wie verbringe ich zum Beispiel meinen Sonntag? Freilich gehe ich in den Gottesdienst. Aber ist es ein Tag der Ruhe, der sich von den anderen Tagen unterscheidet? Dann setzte ich mich doch an den Schreibtisch und mache dieses oder jenes…
Anders gefragt: Gibt es Zeiten, in denen ich wirklich zur Ruhe komme? Wo ich nicht Angst habe, irgendetwas anderes zu verpassen? Unsere wöchentliche Anbetung am Freitagnachmittag in der Stadtlauringer Kirche will zum Beispiel eine Einladung sein, dem Wort Jesu zu folgen, das wir eben gehört haben: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus!“ Die offenen Kirchen in unseren Orten und unsere täglichen Gottesdienste wollen solche Orte sein, dass wir bei Jesus ausruhen dürfen.
Denn „durch ihn haben wir … Zugang zum Vater“, sagt uns der Apostel. Jesus ist die Einladung Gottes, dass wir ihm nahe sein dürfen. Er will uns frei machen von der Angst etwas zu verpassen. Er macht uns frei von der Angst, zu wenig abzubekommen von diesem Leben. Bei Jesus ist immer genug Leben, Kraft und Freude für alle. Selbst wenn seine Jünger und Mitarbeiter müde sind, selbst wenn er selbst die „einsame Gegend“ sucht, als er „die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen“. Und Jesus nahm sich Zeit für sie. Und er nimmt sich Zeit für uns. Nehmen wir uns Zeit für ihn. Amen.
18.07.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler