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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 5. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „halt ab Krieg, Pest und teure Zeit“. Diese Bitte an Gott spricht ein altes Lied zum Jahreswechsel aus. „Das alte Jahr verflossen ist…“, heißt das Lied. In das Gotteslob von 2013 hat es diese Strophe nicht mehr geschafft. Vermutlich hielt man das für altmodisch…

Freilich kann man einwenden, dass in unseren Breitengraden die Pest ausgerottet sei – durch Hygienemaßnahmen und Medikamente. Das ist zutreffend. Und das zeigt auch, zu welchen Leistungen der menschliche Verstand imstande ist. Verkannt wird dabei allerdings, dass „Pest“ hier auch früher nur ein Symbolwort war – stellvertretend für gefährliche Krankheiten aller Art. Seit alters her gehören Krieg, Krankheit und Teuerung, also Inflation, zu den Übeln der Menschheit. Das ist zeitlos. Das zu übersehen, ist entweder naiv oder weltfremd.

Dennoch ist dieses Übersehen geradezu ein Kennzeichen unserer Wohlstandsgesellschaft. Es muss doch für alles eine Lösung, ein Mittel, ein „Licht am Ende des Tunnels“ geben. Doch diese menschliche Allmachtsphantasie ist Teil des Problems. Das wäre bei einer ehrlichen Reflexion auch der gegenwärtigen Krise kaum von der Hand zu weisen. Wir sind nicht mehr in der Lage Begrenztheiten anzunehmen oder damit nüchtern umzugehen.

Die Heilige Schrift, der vielleicht mancher Zeitgenosse unterstellt, sie würde für alles ein Wunder oder eine Vertröstung als Antwort anbieten…, sie ist da weitaus realistischer. Die Bibel enthält auch Worte, die die Unbegreiflichkeit manch schlimmer Ereignisse benennen. Das alttestamentliche Buch Ijob ist ein solches „Wort“. Über Ijob und seine Familie bricht schreckliches Leid herein: Krankheit, der Verlust der wirtschaftlichen Existenz, der Tod der eigenen Kinder. Ijob, seine Frau und Freunde, die ihn besuchen, debattieren darüber: Was sind wohl die Gründe dafür…? Verschiedene Antworten werden angeboten, aber letztlich vermag keine davon zu befriedigen. Als „Kriegsdienst“ erscheint Ijob „des Menschen Leben auf der Erde“. Nur eine kurze Lebenszeit ist ihm vergönnt, die schnell vorbeigeht, die gleich einem Tagelöhner keinen bleibenden Lohn in dieser Welt bringt.

In dieser durchaus harten Nüchternheit wird das benannt. Und das gilt es zunächst auszuhalten, nicht vorschnell wegzuwischen. Wir haben nicht für jedes Problem eine Lösung, nicht für jede Krankheit ein Heilmittel… Nicht jeder Mensch erreicht ein hohes Alter oder bleibenden Ruhm und Ansehen in dieser Welt… In der Sprache Ijobs: Den Sinn hinter vielen Ereignissen vermag nur der Schöpfer selbst zu sehen. Sein Einblick und Überblick ist ja größer als der unsere, da er die Welt seit ihrer Erschaffung bis hin zu ihrer Vollendung überblickt, da er alle Menschen im Blick hat – und nicht nur wie wir einen Ausschnitt…

Ist also unser Beten und Glauben nur eine Art „Beruhigungspille“, um das alles besser auszuhalten? Wir hörten, dass der Apostel Paulus sich gedrängt, ja geradezu genötigt sieht, das Evangelium zu verkünden, weil es die Frohe Botschaft der Erlösung birgt.

Was ist nun diese Botschaft? Beim ersten Blick in das heutige Evangelium könnten wir meinen, dass es die Verheißung von Wunderheilungen ist. Jesus heilt in Kafarnaum die Schwiegermutter des Petrus. Ja, daran glaube ich. Die Begegnung mit Jesus, seine Berührung macht Menschen heil. Und doch geht es um etwas Tieferes. Auch inmitten der drängenden Fragen und Bitten, die sich nun an Jesus richten, zieht er sich zurück. Er zieht sich zurück zum Gebet. Er muss mit seinem himmlischen Vater verbunden sein, denn hier liegt die eigentliche Quelle des Trostes, der Kraft und des Lebens. Das merken wir bis hin nach Getsemani, wo Jesus am Ölberg in seiner Todesangst die Nähe des Vaters sucht. Der Vater reißt ihn nicht heraus aus dem Leiden und Sterben. Doch der Vater ist bei ihm, er lässt ihn nicht aus seinen Händen. Er trägt ihn in das größere, neue, ewige Leben.

Diese Botschaft kündet uns der Glaube. Diese Botschaft kündet uns Jesus. Und damit wir dieser Botschaft trauen, damit sie uns prägt, feiern wir Sonntag für Sonntag seine Auferstehung. Seit es Christen gibt, feiern sie diese neue Wirklichkeit, die mit der Auferstehung Christi begonnen hat. Dazu feiern wir die Eucharistie, die heilige Messe, in der uns der Auferstandene selbst begegnet – begegnet in seinem zerbrechlichen und verletzlichen Leib in der Brotsgestalt. Es ist die Wegzehrung für uns, für unseren Weg, der Höhen und Tiefe, Freud und Leid, Gesundheit und Krankheit kennt. Doch es ist seine Stärkung, seine Zusage, dass er immer bei uns ist – und es ist bereits die Speise der künftigen Unsterblichkeit. Amen.

07.02.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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