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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 7. Sonntag der Osterzeit
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
„Vernimm, o Herr, mein lautes Rufen, sei mir gnädig und erhöre mich!“ Mit diesem Psalmvers beginnt die Messe vom heutigen 7. Sonntag der Osterzeit. Wie auch sonst in den Psalmen wird hier zutiefst Menschliches vor Gott ausgedrückt. Das innerste Regen des Herzens kommt vor in der Heiligen Schrift und im Gottesdienst. Das soll uns zu allererst ermutigen: Wir dürfen alles, was uns bewegt, was uns zu Herzen geht, was uns freut oder traurig macht, vor Gott bringen. Er hat ein offenes Ohr, ein offenes Herz für uns.
Dieses Vertrauen in den himmlischen Vater hat Jesus seine Jünger lehren wollen durch seine Predigten, durch das Gebet des Vaterunser, durch sein Beispiel, dass er, Jesus, eben immer wieder betend die Nähe des Vaters gesucht hat – bis hinein in die schwersten Stunden der Verlassenheit am Ölberg oder des Leidens am Kreuz: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“, lege ich mein Leben, mich selbst.
Und die Auferstehung Jesu ist der Erweis, dass der Vater dieses Gebet gehört und erhört hat. Er hat Jesus nicht aus seinen Händen gelassen. Er hat ihn aus dem Tod gerufen. Diese Gewissheit feiern wir in den 50 Tagen der Osterzeit. Denn diese Glaubensgewiss soll unser Erkennungszeichen als Christen sein. Wir leben aus der Gewissheit, dass der Vater im Himmel unser Beten hört. Und dass er uns das gibt, was gut für uns ist, was wir zum Leben brauchen – in Zeit und Ewigkeit.
Die Erste Lesung aus der Apostelgeschichte zeigt uns die Jünger Jesu, die begleitet von Maria, beten. In der Zeit nach dem Tod und der Auferstehung Jesu, nachdem sie ihn nicht mehr sehen wie bisher – in einer solchen Zeit der Verunsicherung beten sie. Und sie geben uns damit ein Zeugnis für unsere Zeit. Sie zeigen uns den Weg. Auch wir dürfen und sollen beten – zusammen mit Maria – um den Beistand den Heiligen Geist.
Das ist wichtiger als demonstrieren oder jammern. Das ist wirksamer als sich zu verängstigen. Beten ist eine Macht. Nehmen wir gerade in diesen Tagen der Pfingstnovene den Rosenkranz zur Hand und beten wir mit Maria zu Jesus, „der uns den Heiligen Geist gesandt hat“ und der ihn uns immer wieder senden soll – den Tröster, den Beistand, den Geist des Rates und der Klugheit, den Geist des Vertrauens. Damit er das Misstrauen vertreibe, das die Herzen nicht minder belastet als das Virus in diesen Tagen. Damit wir aufatmen dürfen. Damit wir neue Hoffnung schöpfen und sie bezeugen. Denn das ist unser Auftrag. So wie es Jesus im Evangelium von sich bezeugt, dass er das Wort des Vaters in die Welt getragen und weitergesagt hat. So sollen wir sein Wort in die Welt tragen und weitersagen.
Es kann sein, dass wir damit auf Unverständnis stoßen. „Was soll das bringen, Beten? Was soll das ändern, Glauben?“ Doch dann gilt uns das Wort des Apostels Paulus, der uns in der Zweiten Lesung zurief: „Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr seligzupreisen“. Es ist nicht immer leicht, Christ zu sein. Es ist manchmal herausfordernd, beständig im Gebet, beständig in der Güte zu sein. Doch wird Gott nur den Beter hören, der auch die Bitten seines Nächsten hört. So hat es uns Jesus gelehrt und gezeigt. Amen.
24.05.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler