Predigt von Pfarrer Daigeler zum 3. Ostersonntag C
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „wie soll es jetzt weitergehen?“ So fragen sich Menschen, wenn etwas Einschneidendes passiert ist, etwas, das Vertrautes umgeworfen hat. Das kann ein Ereignis in der großen Welt sein wie der Krieg in der Ukraine, der viele Menschen auch bei uns beschäftigt. Das kann aber auch etwas in meinem eigenen Leben sein, der Verlust des Arbeitsplatzes, das Zerbrechen einer Partnerschaft, eine schwere Krankheit… Wie soll es jetzt weitergehen?
Es gibt unterschiedliche Reaktionen. Sie begegnen uns auch in den Osterevangelien. Diese legen offen dar, dass sich die Jünger selbst zunächst schwer getan haben mit der Frage: Wie soll es jetzt weitergehen nach dem Tod Jesu?
Eine erste menschliche Reaktion ist, dass man sich zurückzieht. Wir kennen das von Trauernden. Die „verschlossenen Türen“, von denen die Evangelisten immer wieder sprechen, deuten es an, dass sich die Jünger zurückgezogen haben. Sie sind traurig oder enttäuscht. Sie wollen nichts von anderen hören, auch nichts mehr von der Sache Jesu…
Eine zweite Reaktion ist die Rückkehr ins Alltagsgeschäft. Die haben wir eben von Petrus gehört. „Ich gehe fischen“, sagt er. Das klingt beiläufig, aber in diesem Satz steckt ja der Wunsch, in das alte Leben zurückzukehren. Bevor Jesus ihn berufen hatte, war Petrus Fischer am „See von Tiberias“ gewesen, wie auch einige der anderen Apostel. „Das Leben muss ja weitergehen“, sagen wir…
Was kann man tun? Über die Vorgehensweise gibt es verschiedene Vorstellungen. Das Zweite Vatikanische Konzil legt uns folgende Methode ans Herz: Die „Zeichen der Zeit“ sehen – und sie dann im „Licht des Evangeliums“ deuten. Davon will ich mich leiten lassen. Schauen wir also nach dem Blick auf die Jünger, auf uns und unsere Situation nun auf die Reaktion Jesu. Und die finde ich erstaunlich.
Jesus geht den Jüngern nach. Der Auferstandene lässt sich nicht von den Türen abhalten. Und er geht den Jüngern sogar nach Galiläa nach. Er nimmt also ihre Fragen ernst. Er hält sich nicht heraus, sondern er spricht sie an. Und er gibt ihnen eine Antwort auf die Frage, wie es jetzt weitergehen soll. Dabei erteilt er keinen neuen Auftrag. Er erfindet keine neue Lehre. Es ist dieselbe Sendung, die die Jünger bereits erhalten haben. Das Johannesevangelium endet mit den Worten Jesu: „Folge mir nach!“ Damit hat es ja auch begonnen. Christsein ist Nachgehen der Spuren Jesu. Denn er hat uns gezeigt, dass Menschsein gelingt in seinen Spuren, nach seinem Beispiel, durch seine Weisung. Er hat zugesagt, dass sein Weg zum Leben in Fülle führt. Dazu brauchen wir aber wie die Apostel immer wieder Ermutigung, Bestärkung für den Weg.
Im Evangelium reicht Jesus am See das Brot, seinen Leib. Nur mit ihm kann es weitergehen. Jesus schenkt uns seine Nähe in der Eucharistie. Dort, wo wir nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll, dürfen wir zu ihm kommen im Gebet, im Gottesdienst, ganz besonders in den Sakramenten, die ja Berührungen Jesu sind. Er wird uns keine „einfache Lösung“ geben. Er nimmt nicht die Probleme einfach weg. Die Apostel erfahren Widerspruch und Verfolgung, wenn sie für Christus das Wort ergreifen sollen, wie haben es in der Ersten Lesung gehört. Doch Jesus schenkt uns stets die Zusage, dass er bei uns ist und bei uns bleibt in jeder Stunde, ob sie hell ist oder dunkel.
Christsein ist nichts Spektakuläres. Es ist ein Weg, ein gemeinsamer Weg – gemeinsam mit dem Herrn und gemeinsam mit seinen Jüngern in der Kirche. Die Osterzeit ermutigt uns dazu. „Es ist der Herr“, sagt ein Jünger zu Petrus. Nur mit ihm geht es weiter. Nur weil er mit uns geht, können wir weitergehen. Amen.
01.05.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler