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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Fronleichnamsfest

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

Mane nobiscum Domine unter diesem Leitwort aus dem Lukasevangelium stand eines der letzten Dokumente des heiligen Papstes Johannes Pauls II. Darin legte er eine Betrachtung zum Geschenk der heiligen Eucharistie vor, das sich in der Bitte der Emmausjünger ausdrückt: „Herr, bleibe bei uns!“ Nach wochenlangen Beschränkungen von Gottesdiensten ist es uns eine ebenso dringliche Bitte geworden, dass der Herr uns leibhaft und wahrhaft nahe bleibt im Sakrament seines Leibes und Blutes.

Die körperliche Gebrechlichkeit des polnischen Papstes hatte sein rastloses Schaffen bereits stark eingeschränkt, als er im Jahr 2004 dieses Lehrschreiben verfasste. Es scheint wie eine Konzentration auf das Wesentliche des Glaubens, auf das Tragende der Kirche. Üblicherweise weisen wir, Katholiken, auf diese Herzmitte unseres Glaubens mit großer Festlichkeit hin: Wir feiern ein festliches Hochamt oder eine schön geschmückte Prozession zum Fronleichnamstag. Das ist in diesen Tagen noch nicht wieder möglich. Das schmerzt viele.

Dennoch dürfen wir uns tiefer hineinnehmen lassen in die Gegenwart des Herrn, die wir im Altarsakrament verehren. Was macht dessen unverzichtbare Bedeutung aus?

Im Kern geht es um die Frage: Ist Gott eine bloße Erinnerung, ein schöner Gedanke oder ist er real, wirklich und wirksam unter uns? Die Jünger Jesu werden durch seinen Tod am Kreuz vor diese Frage gestellt. So wie sie bisher mit Jesus umgehen konnten, ihn sehen und berühren, so war er nicht mehr bei ihnen, als sein Leib in das Grab gelegt wurde. Eben darum lässt sich der Auferstandene von Thomas berühren und Jesus isst mit seinen Jüngern Brot und Fisch.

Die Bitte der Emmaus-Jünger wird erfüllt: Der Herr bleibt bei uns! Er, das fleischgewordene Wort Gottes – er, der in Betlehem, zu deutsch: „Haus des Brotes“, zur Welt kam – er, der in der Synagoge von Kafarnaum, wie wir es eben im Evangelium hörten, sagte: „Wer mein Fleisch isst, der bleibt in mir und ich in ihm“ – er, der beim Letzten Abendmahl, sein Kreuzesopfer in die Gestalten von Brot und Wein legte, als er sagte: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben, und mein Blut, das für euch vergossen wird“ – er will nicht bloß eine schöne Geschichte bleiben. Er will bei uns bleiben – leibhaft und wahrhaft im gewandelten Brot der Eucharistie.

In diesem Sakrament ist und bleibt der Gekreuzigte und Auferstandene immer bei uns. Was für ein Geschenk. So schmerzlich wir die uns gewohnte, feierliche Form der Heiligen Messe und der Eucharistieverehrung am Fronleichnamsfest vermissen, umso mehr wollen wir sie schätzen, umso mehr wollen wir beten: Herr, bleibe bei uns! Und er verlässt uns gewiss nicht. Im Tabernakel hat er sein Zelt unter uns aufgeschlagen und ruft uns zu: Ich bin auferstanden und bin immer bei euch!

Unsere Zeit der stillen Anbetung, die wir ihm schenken, und unsere lebendige Hoffnung, mit der wir diese Krise durchtragen, soll in diesem Jahr unsere Fronleichnamsprozession sein, also unser öffentliches Zeugnis für den Herrn, der lebt und in der in der heiligen Kommunion bei uns bleibt. So wie wir in unserer Pfarreiengemeinschaft über das Fronleichnamsfest in diesem Jahr geschrieben haben: Mit Christus Schweres tragen – durch Christus Hoffnung haben! Amen.

10.06.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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