Predigt von Pfarrer Daigeler zum 25. Sonntag im Jahreskreis C
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Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, beim ersten Hören vermag das Gleichnis verwundern. Ein unehrlicher Verwalter wird gelobt. Ruft der Herr im Evangelium zur Dreistigkeit oder Gerissenheit auf? Es liegt auf der Hand, dass dies nicht die Botschaft Jesu sein kann. Man braucht ja nur die folgenden Zeilen zu lesen, wo es heißt: „Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen…“ Für Jesus ist klar, alle Dinge dieser Welt sind Vorausbild der kommenden Güter, das „fremde Eigentum“ hier, ist Vorbild für das „wahre Eigentum“ dort – im Himmel.
Ohne zu behaupten, das Gleichnis umfassend auslegen zu können, möchte ich mit Ihnen einen Gedanken teilen, der mir beim Nachdenken über das Sonntagsevangelium gekommen ist. Vielleicht passt er sogar zu manch aktueller Diskussion innerhalb unserer Kirche.
Zunächst können wir festhalten, dass Jesus unterscheidet zwischen dem Zeitlichen und dem Ewigen. Das mag banal klingen, ist aber wichtig festzuhalten. Es sind unterschiedliche Bereiche und darum auch unterschiedliche Zuständigkeiten. Die sind freilich nicht völlig losgelöst voneinander. Jesus vergleicht ja den Umgang mit den kleinen und den großen Dingen. Aber sie sind eben verschieden. Darum darf die Herangehensweise sich zwar nicht widersprechen, sich aber doch unterscheiden.
Was meine ich damit? Wenn wir beispielsweise vor einem Problem stehen, eine schwierige Entscheidung ist zu treffen oder ähnliches. Es reicht nicht, einfach zu beten, dass Gott mir die Antwort eingibt oder das Problem für mich löst. Zuerst muss ich meine Fähigkeiten einbringen: Meinen Verstand, der Argumente abwägt, meine Bereitschaft, ein Problem anzupacken. Für all das darf und soll ich Gott um seinen Beistand bitten, ihn gerade dort bitten, wo ich an meine Grenzen komme, aber Gott entlässt mich nicht aus meiner Verantwortung. Es ist wie mit dem Menschen, der Leib und Seele ist – nicht verwechseln und nicht trennen, nicht gegeneinander ausspielen, sondern einander ergänzen sollen die Fähigkeiten des Leibes und der Seele.
Nun gibt es aber auch Bereiche, für die bin ich gar nicht zuständig. Wir Menschen reden sehr gerne über diese Frage, weil sie letztlich für uns selbst keine Verpflichtungen bergen. Wir reden darüber, was die Politiker machen müssten oder in der Kirche wird gesprochen, welche Gebote geändert oder abgeschafft werden müssten. Aber bin ich hier zuständig? Paulus sagt zu seinem Schüler Timotheus bete „für alle, die Macht ausüben“, damit „wir ruhig leben können“. Für mich stellt das heutige Gleichnis Jesu die Frage: Geht es um eine Sache, die ich ändern kann? Und habe ich dort meinen Einsatz gebracht? Oder geht es um etwas, das nicht meine Zuständigkeit ist? Und habe ich für die Verantwortlichen gebetet?
Ja, nicht einmal die Kirche ist für alles zuständig. Es gibt Fragen, für die haben die „Kinder der Welt“ eine größere Kompetenz: Arbeitsschutz, Hygieneregeln, Steuern und Finanzen… Umso mehr müssen wir in der Kirche und als Kirche uns für das einsetzen, das uns der Herr als Zuständigkeit anvertraut hat: Die Verkündigung des Evangeliums. Hier wird uns der Herr fragen beim Gericht: Seid Ihr hier zuverlässig gewesen.
In der großen Kirche und in der kleinen Pfarrgemeinde gibt es Gott sei Dank unterschiedliche Begabungen. Das Gleichnis vom Verwalter fragt uns: Wo sind deine Fähigkeiten und wie und wofür setzst du sie ein?
18.09.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler