Predigt von Pfarrer Daigeler zum 24. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, zu den Erscheinungen unserer Zeit gehört es, dass Vieles an Wohlstand, Freiheit und Rechten als selbstverständlich genommen wird. So als wären sie immer und einfach da. Dass Freiheit nur da ist, wo Menschen verantwortlich damit umgehen. Dass Rechte nur da sind, wo sie verteidigt und für die Schwachen geschützt werden… All das scheint denen, die in Frieden und Wohlstand hineingeboren wurden, als einfach gegeben. Ähnliches kann man auch in Glaubensdingen beobachten. „An irgendwas glaubt doch jeder… Das muss jeder selbst entscheiden… Das ist doch Privatsache…“ Das sind gängige Schlagworte. Dass aber der Glaube nur dort ist, wo er verkündet wird, wo Menschen sich, ihre Kraft und Zeit dafür einsetzen. Dass der Glaube nur dort ist, wo Menschen sich aus ganzem Herzen dafür entscheiden… Das scheint manchem – selbst in der Kirche – in Vergessenheit geraten zu sein.
Das Evangelium nimmt uns mit nach Caesarea Philippi. Dieser Ort ganz im Norden Israels birgt eine der Jordanquellen. Zur Zeit Jesu waren dort zahlreiche heidnische Heiligtümer zu finden. Eine Vielzahl von Angeboten, wie man sein Leben deuten kann, begegnete dort den Menschen. Und eben hier fordert Jesus Klarheit und Bekenntnis von seinen Jüngern: „Für wen halten mich die Menschen?“ Jesus weiß, dass hier viele Meinungen im Umlauf sind, und darum fasst er noch einmal nach: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“
Petrus antwortet mit einem Glaubensbekenntnis: „Du bist der Christus“, der Messias also, der Sohn Gottes. Wir sehen im heutigen Evangelium: Es ist nicht „egal“ oder gleichgültig. Christsein ist eine Entscheidung, eine Entscheidung – wie der Name sagt – für Jesus Christus. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Das ist unser Bekenntnis. Und nur, wo Menschen davon sprechen, sich dafür einsetzen, sich dafür entscheiden, wird es den Glauben und die Kirche auch in Zukunft geben. Nichts ist „einfach da“. Alles bleibt nur da, wo sich Menschen dafür einsetzen, etwas von sich selbst dafür einsetzen.
Denn der Weg Jesu ist anspruchsvoll. Er spricht von einem Kreuzweg. Jesus spricht vom Kreuz als dem Ort, wo wir Gottes Nähe am deutlichsten erfahren. „Gott wird mir helfen“, sagte Jahrhunderte zuvor Jesaja. In einer Situation, in der der Prophet für die Sache Gottes angegriffen, bespuckt und beleidigt wird, setzt er sein Vertrauen weiter auf Gott. Diesen Weg ist auch Jesus gegangen. Doch sein Weg ging durch das Kreuz in die Auferstehung. Das ist unser Weg: Wer „sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten“, sagt der Herr.
Die Zweite Lesung wendet diese Wahrheit noch einmal auf den Nächsten an. In der Liebe bewährt sich der Glaube – in der gelebten Liebe, die nicht nur Wort ist. Wo wir die Not des anderen sehen und uns ihm zuwenden, wird der Glaube lebendig. „Ohne Werke ist er tot“, sagt der Jakobusbrief.
Das gilt für die Gottes- und die Nächstenliebe. Wo der Glaube nur Lippenbekenntnis ist, ist er tot. Erst wo er gelebt wird, wo er mein Leben prägt, indem ich mir Zeit für Gott, für Gebet und Gottesdienst nehme, indem ich dem Mitmenschen Zeit und Aufmerksamkeit schenke, indem ich für meine Entscheidungen nach dem Willen Gottes frage – dort lebt der Glaube.
Es liegt immer an konkreten Entscheidungen. Es liegt immer an konkreten Menschen – es ist in meine Hand gelegt. Amen.
12.09.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler