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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Gründonnerstag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, zur Liturgie des Gründonnerstags gehört ein Abschnitt aus dem Johannesevangelium. Während die anderen Evangelisten uns in knappen Worten aus dem Abendmahlssaal vor allem darüber berichten, dass Jesus seinen Jüngern Brot und Wein reichte mit den Worten: „Das ist mein Leib; das ist mein Blut“, erzählt uns Johannes von einem Geschehen vor diesem Letzten Abendmahl, wie wir es gerade hörten: Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße.

In der Antike war die Fußwaschung ein Sklavendienst. Auf den ungeteerten Straßen waren die Füße der Gäste staubig, gingen sie doch barfuß oder bestenfalls in Sandalen. Da man in der Antike liegend auf Polstern aß, hatte man die Füße der anderen Teilnehmer vor Augen. Darum wurden sie vor dem Essen gewaschen.

Am Gründonnerstag wird diese Fußwaschung in der Kirche aufgegriffen. In der lateinischen Sprache hat diese Handlung einen nüchternen Namen, nämlich „mandatum“. Das Wort „mandatum“ bedeutet schlicht „Auftrag“. In der lateinischen Bibelübersetzung sind die Worte Jesu vom „mandatum novum“ zu finden, also von einem „neuen Gebot“, das Jesus seinen Jüngern vor seinem Leiden gibt. Er sagt in seinen Abschiedsreden: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34)

Das ist wichtig, um die liturgische Handlung zu verstehen. Wir spielen nicht das Evangelium nach. Wir folgen dem „mandatum“, dem Auftrag, dem Gebot Jesu. Und wir tun das, um zu begreifen, wie wir uns als Kirche verstehen. Gerade der Gründonnerstag sagt uns, was Christsein und Kirchesein bedeutet.

Doch was genau wird uns heute Abend zum Bedenken mitgegeben? Das Erste wäre: Keine Eucharistie ohne Liebe zueinander. Im Abendmahlssaal ist die Einsetzung der Eucharistie, also der heiligen Kommunion, untrennbar verbunden mit dem Liebesgebot der Fußwaschung. „Empfangt, was ihr seid“, schreibt der heilige Augustinus über den Leib Christi. Das Sakrament seiner Gegenwart, das uns Jesus hinterlassen hat, macht uns zu seiner Kirche. Wie es der heilige Papst Johannes Paul II. auf den Punkt brachte: „Die Kirche lebt aus der Eucharistie.“ Darum kann ich die heilige Kommunion nur recht empfangen, wenn ich bereit bin, mich in die Kirche einfügen zu lassen. Wenn wir einander nicht lieben, wird die heilige Kommunion ihre Wirkung nicht entfalten. Denn sie ist nach katholischem Verständnis nichts Individuelles, sondern etwas Gemeinschaftliches. Sie will uns zum sichtbaren Leib Christi in der Welt machen.

Der Gründonnerstag erinnert uns aber auch an ein Zweites: Keine Kirche ohne den Auftrag Jesu. Der heilige Paulus ruft in der Zweiten Lesung das „mandatum“, den Auftrag Jesu in Erinnerung: „Ich habe euch überliefert, was ich selbst empfangen habe.“ Wir haben die Kirche nicht selbst erfunden. Wir haben uns nicht ihre Lehre und ihre Regeln ausgedacht, sondern wir haben sie von Jesus empfangen. Er ist der Grund unseres Glaubens. Er ist das unersetzbare Fundament unserer Gemeinschaft. Wir sind Treuhänder, darum können wir den Glauben nicht beliebig umschreiben. Wir sind bleibend gebunden an den Auftrag und das Vorbild Jesu.

Schließlich gibt uns das Geschehen vom Letzten Abendmahl einen dritten Auftrag: Kein Christsein ohne das sich Indienstnehmenlassen. Jesus wäscht nicht nur seinen Jüngern die Füße, er gibt sich hin am Kreuz. Unsere Zeit hat oft die Angst, dass man zu kurz kommen könnte. Doch Jesus sagt: „Wenn ich der Meister euch die Füße gewaschen habe, müsst auch ihr einander die Füße waschen.“ (Joh 13,14) Zum Christsein gehört der treue Dienst – in der Ehe und Familie oder in einem geistlichen Beruf, aber auch in unseren täglichen Aufgaben in Haushalt und Beruf, in der Sorge für Kinder, die Kranken und die Hilfsbedürftigen sowie in unserem Engagement in der Pfarrgemeinde. Christsein gibt es nur, indem ich mich und meine Kraft zur Verfügung stelle. Nur das Weizenkorn, das sich verschenkt, bringt reiche Frucht.

Lassen wir uns bestärken durch die Feier des Gründonnerstags. Danken wir für die Gabe des Herrn und ergreifen sein „mandatum“ als unseren, als meinen Auftrag: Keine Eucharistie ohne Liebe zueinander. Keine Kirche ohne den Auftrag Jesu. Kein Christsein ohne das sich Indienstnehmenlassen. Amen.

28.03.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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