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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 27. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, dass es herausfordernd ist, wenn zwei Menschen ein Leben lang zusammenhalten wollen, liegt auf der Hand. Ein Blick genügt. Und die Fragen im heutigen Evangelium belegen, dass das nicht neu und früher auch nicht besser war. Dass es aber möglich ist, eine Ehe ein Leben lang zu leben, bezeugen die Ehepaare unter uns, die teilweise bereits 50 oder 60 Jahre zusammengehalten haben in guten und in schweren Tagen.

Beides gilt es zunächst festzuhalten. Wir sind nicht naiv als Christen, wenn wir über Partnerschaft und Ehe sprechen. Das ist nicht einfach. Bei allem Schönen und Bestärkenden, ist es manchmal auch schwer, den anderen zu tragen und zu ertragen. Gleichzeitig sind wir als Christen der Überzeugung, dass das nichts ist, was von vornherein eine Überforderung des Menschen wäre. Es ist nichts Veraltetes. Ich würde behaupten, dass die Mehrheit auch der jungen Menschen davon träumt, den Partner fürs Leben zu finden – selbst wenn die Umsetzung manchmal an der Wirklichkeit scheitert.

Dennoch fordern die biblischen Texte dieses Sonntags heraus. Jesus predigt im Evangelium unmissverständlich die Unauflöslichkeit der Ehe. Und das Buch Genesis spricht davon, dass der Mensch Mann oder Frau sei. Und das die Unterschiedlichkeit und Zweiheit der Geschlechter auch eine Verwiesenheit aufeinander bedeutet. Ob das im gesellschaftlichen oder politischen Diskurs heute noch mehrheitsfähig ist, darf durchaus bezweifelt werden. Nicht mal in der Kirche sind sich alle darüber einig.

Nun steht es aber da und es wird uns im Gottesdienst vorgelesen. Und das eigentlich aus einem einfachen Grund: Es ist Gottes Wort. Und wer sich als Christ bezeichnet, der ist an Gottes Weisung gebunden bzw. der hat sich daran gebunden. Kein muss an Gott glauben. Doch wer sagt, dass es Gott gibt, der kann nicht seinen umfassenden Anspruch leugnen. Sonst glaubt er an etwas anderes – etwas, das zu klein und zu bedeutungslos ist, um den Namen „Gott“ zu verdienen.

Freilich steht es fest, dass wir alle hinter dem Anspruch Gottes zurückbleiben, einfach weil wir begrenzte Menschen sind. Wer von uns könnte sagen, dass er alle Menschen liebt – besonders die, die ihm Böses getan haben? Wer könnte sagen, dass ihm irdische Güter und Besitz unwichtig sind im Vergleich mit dem Himmelreich? Wer ist täglich bereit, ohne zu Murren sein Kreuz auf sich zu nehmen und es geduldig zu tragen…? Man könnte weitere Beispiele anfügen. Sie lassen sich alle aus dem Worten Jesu herleiten.

Wir sind also immer auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen. Keiner ist perfekt. Aber weil wir uns entschieden haben, Christen zu sein, müssen wir uns immer neu seinem Anspruch stellen – auch dort, wo er uns herausfordert. Es gilt, immer neu aufzustehen und mit Gottes Hilfe neu zu beginnen. Dabei ist er immer bereit uns seine Hilfe zu schenken.

Nur in dieser Haltung verstehen wir das Evangelium recht. Jesus fordert auf zu einer immer größeren Liebe, zur Vergebungsbereitschaft, die den anderen annimmt, selbst wenn er mich verletzt hat. Wenn die Kirche an diese Worte Jesu erinnert, nicht um uns Lasten aufzulegen, sondern weil sie vertraut, dass Jesu Worte wahr sind, dass Jesus der Weg zum gelungenen Leben ist. Und wir wissen, wie es die Zweite Lesung sagt, dass Jesus selbst seinen Weg „durch Leiden vollendete“. Er ist nicht den einfachen Weg gegangen. Er ist den Kreuzweg gegangen – und so wurde er „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“.

Geben wir immer neu Zeugnis von ihm, der unser Weg ist. Besonders die Eheleute, die über Erfahrung verfügen, bitte ich: Ermutigt eure Kinder und Enkel! Es ist möglich beieinander zu bleiben in guten und schweren Tagen. Danke Euch allen, die ihr dafür Zeugnis gebt in Eurer Ehe und Familie. Amen.

03.10.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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