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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Karfreitag 2025

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, eben haben wir die Passion gehört, die uns vom Leiden und Sterben Christi berichtet. Wer sich noch ein wenig im Kirchenjahr auskennt, der wird sagen können: Am Karfreitag geht es darum, dass Jesus am Kreuz gestorben ist.

Aber um zu ermessen, was das eigentlich bedeutet, müssen wir tiefer fragen: Was ist das eigentlich Tod? Ist das ein rein biologischer Vorgang, dass eben bestimmte Abläufe in meinem Körper aufhören? Das Herz schlägt nicht mehr, die Lunge atmet nicht mehr… In der Medizin wird darum gerungen, wie man den genauen Zeitpunkt des Todes feststellen kann. Hängt die Definition am Kreislauf oder am Gehirn?

Aber diese Beschreibungen reichen nicht aus. Der Mensch ist keine Maschine, die irgendwann einfach nicht mehr läuft – auch mit noch so vielen Reparaturen. Wir können uns dem nur annähern. Sterben heißt ja, alle Kontrolle abzugeben. Darum erschreckt es uns. Und mehr noch, Sterben heißt letztlich alles loslassen zu müssen: Die Orte, die Dinge, die mir wichtig sind, die ich erworben oder aufgebaut habe. Und auch die Menschen. So wichtig es ist, Sterbende zu begleiten, am Ende muss ich jede Hand loslassen. Den allerletzten Schritt muss ich alleine gehen.

Es ist verständlich, dass dieser Gedanke in uns Angst auslöst. Viele verdrängen ihn darum so gut sie nur können. Und vielleicht ist der Versuch, den Karfreitag als „stillen Tag“ abzuschaffen, im Tiefsten auch ein solcher Versuch, sich diesen Fragen nicht stellen zu müssen.

Das ist schade, denn gerade der Karfreitag birgt einen großen Trost – ja, ich möchte sagen, den einzigen Trost. Die Evangelisten erzählen uns davon, dass auch Jesus Angst hatte vor dem Sterben. Der Gottes Sohn ist ganz Mensch. Er hat alle Fragen, Ängste und Leiden erfahren – am Ölberg, auf dem Kreuzweg, in seinem Tod. Jesus hat auch das durchlitten, was den Tod am schlimmsten macht: die Trennung von allem, was uns lieb ist. Wie unerhört nahe ist uns der Herr heute!

Vermutlich haben darum die Menschen das Bild des Gekreuzigten an Wege und auf Plätze gestellt und in ihre Wohnungen gehängt. Denn im Kreuz erkennen wir: Alles hat der Heiland mit uns geteilt. Es gibt keine Stunde, in der wir sagen müssten: „Keiner ist da. Ich bin verlassen.“ Nein, wer ihm glaubt, der ist nie allein – nicht einmal im Sterben.

Eindrucksvoll fasst das der Hebräerbrief zusammen: „Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht.“

Hier deutet sich auch der entscheidende Schritt an. Christus hat den Tod für immer verändert. Dort, wo wir nur Dunkel und Verlassenheit sehen, dort, wohin keine menschliche Stimme reicht, selbst dort ist nun Christus gegenwärtig. Alles, was der Herr berührt, wird gewandelt. „Deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt nicht genommen“, beten wir beim Requiem.

Wir künden die größte Hoffnung: Selbst im Unbekannten des Todes ist nun die bekannte Stimme des Heilands zu hören, selbst in der Haltlosigkeit des Sterbens greift uns seine Hand. Hören wir auf ihn – im Leben und im Sterben. Amen.

18.04.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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