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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, manchmal kommt es vor, dass Menschen mich fragen: Warum sind Sie eigentlich Priester geworden? Auch wenn diese Frage natürlich sehr persönlich ist, finde ich sie wichtig und berechtigt. Es ist ja keine private Entscheidung. Sie ist persönlich, aber nicht individuell, denn Priester ist man ja immer für die anderen.

Offenkundig bewegt sich die Lesung aus dem Alten Testament wie auch das Evangelium heute um das Thema Berufung. Wir hörten vom jungen Samuel, der den Ruf Gott vernimmt. Wir sahen die ersten Jünger Jesu, die ihn neugierig fragen, wo er denn wohne. Auch wenn das Wort „Berufung“ in unterschiedlicher Weise gebraucht wird, hat es im biblisch-christlichen Sinn immer etwas mit Ruf zu tun. Es geht nicht einfach darum, was ich gerne mache oder worauf ich Lust habe, sondern darum, wohin mich der Herr ruft.

Das sind freilich große Worte. Ich bin vorsichtig mit großen Erscheinungen und Berufungsgeschichten. Sie beeindrucken. Ich schließe das auch nicht aus. Doch der Normalfall ist schlichter, denn der Ruf Gottes ist nie laut. Das sehen wir bereits am Beispiel Samuels. Keiner außer ihm wacht auf, als Gott ruft. Es muss also ein leises Geschehen sein. Und es ist ein kontinuierliches Geschehen. Mehrfach ruft er ihn. Ja, werden Sie vielleicht einwenden, weil er nicht gleich reagiert. Schon, aber Gott hört nie auf zu rufen. Und unsere Aufgabe ist es, ein Leben lang diesem Ruf in unserer täglichen Treue Ausdruck zu verleihen. Hier ist nicht das Spektakuläre entscheidend – das gilt für die Ehe wie für das Priestertum – sondern das lebenslange Durchhalten. Das immer neu Beginnen mit Gottes Hilfe ist das Entscheidende.

Hinzu kommt ein Zweites, das wir in Lesung und Evangelium sehen. Es braucht gute Begleiter, die uns ermuntern, die uns deuten helfen. Christliche Berufung ist keine spirituelle Erleuchtung oder Bevorzugung. Sie gelingt nur in Gemeinschaft. Samuel findet Eli, der ihm ein Gebet der Bereitschaft an die Hand gibt. Andreas und Johannes finden den Täufer, der sie auf Jesus hinweist. Und Andreas führt dann seinen Bruder Simon Petrus zu Jesus. Ich selbst könnte für mein Leben konkrete Menschen nennen: Familie, Priester, Religionslehrer und andere Christen, die mir durch Wort und Beispiel Ermutigung waren und sind. Wie hätte ich ohne sie den Weg finden sollen? Wie könnte ich ohne sie auf dem Weg bleiben? Keiner rettet sich alleine! Keiner findet seine Berufung alleine.

Schließlich braucht es noch etwas, das im Evangelium besonders schön ausgedrückt ist. In der Begegnung der Jünger mit Jesus klingt eine Sehnsucht an. Wer gesättigt ist, wird schwer etwas Neues suchen. Vielleicht fällt es unserer Zeit, die so überfüllt ist mit Bildern, Worten und materiellen Dingen, darum so schwer, den Ruf Gottes überhaupt erst einmal zu hören. Ich denke oft darüber nach, wie könnte es mir besser gelingen, den Schülern, den Ministranten, den jungen Christen etwas von dem mitzuteilen, was für mich den Glauben so kostbar macht und was mich dazu bewegt, meine Zeit und Kraft für diesen Jesus einzusetzen. Unsere Welt ist ja voller Zerrbilder von Jesus und seiner Kirche – oft auch durch unsere eigene Schuld. Wie kann das Eigentliche leuchten? Ich habe keine einfache Antwort, aber ich bete für die Jugendlichen um die Gabe der Sehnsucht – um die Sehnsucht, die in der Frage klingt: „Meister, wo wohnst du?“

Es lohnt sich, diese Frage zu stellen. Es ist ein Abenteuer, sich auf die Antwort: „Kommt und seht“ einzulassen. Doch es lohnt sich. Unser Patron, der selige Liborius Wagner schrieb einst in jugendlicher Zuversicht: „Wohin immer Er uns ruft, wir folgen“. Und das hat er getan. Es brachte ihm keinen einfachen Weg, keine volle Kirche, keinen glänzenden Erfolg. Doch seine Treue hat etwas bewirkt und wirkt weiter bis heute. Und als treuer Freund darf er nun sehen, wo der Meister wohnt. Amen.

14.01.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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