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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, kaum zu übersehen steht es seit einigen Wochen an der Stadtlauringer Kirche: „Kommt und seht“. Diese Einladung stammt aus dem Munde Jesu, wir haben sie eben im Evangelium gehört. Es ist eine Szene ganz am Anfang des Johannesevangeliums. Nach seiner Taufe beruft Jesus die ersten Jünger.

Ganz bewusst habe ich dieses Wort für das Plakat gewählt, da nicht wenige Menschen in diesen Tagen verunsichert sind. Soll ich in die Kirche gehen und am Gottesdienst teilnehmen oder soll ich besser daheim bleiben? Die Verunsicherung geht bis mitten hinein in die Reihen der Hirten.

Umso wichtiger ist die Einladung Jesu: „Kommt und seht“. „Kommt“, unsere Kirche ist jeden Tag offen für das persönliche Gebet. „Kommt“, das gemeinsame Gebet und die gemeinsame Feier der Sakramente sind großartige Kraftquellen für uns – in dieser Zeit und zu jeder Zeit. Komm, du bist eingeladen!

Im Evangelium wollen die Jünger von Jesus wissen, wo er wohnt. Ihnen reicht nicht eine kurze Info über Jesus, ein Schnappschuss oder eine Textnachricht von ihm. Sie wollen ihn wirklich kennen lernen. Und das geht nur durch die Gemeinschaft mit ihm. Sie finden den Mut zu einer Lebensgemeinschaft mit Jesus. Das ist ausgedrückt und zusammengefasst in der Frage: „Meister, wo wohnst du?“ Jesus versteht ihre Bitte. Er nimmt sie ernst und er lädt die Jünger ein, mit ihm zu kommen.

Die Kirche ist uns als ein besonderer Ort geschenkt. Unsere Vorfahren haben dieses Gotteshaus unter großen Opfern erbaut, Menschen erhalten und pflegen es mit persönlichem Einsatz und mit großer Liebe zum Herrgott. Warum? Sie haben die Sehnsucht, dass der Meister bei uns wohnt. Wir haben die Sehnsucht, dass Jesus in unserer Mitte wohnt. Und die Kirche, ganz besonders der Tabernakel mit der heiligen Kommunion, ist das Versprechen Jesu: Ich will bei euch wohnen. „Kommt und seht!“

Es tut uns gut, seiner Einladung am Sonntag zu folgen. Es tut uns gut, auch einmal untertags bei ihm zu sein. Nicht nur in Gedanken, sondern tatsächlich an einem konkreten Ort. Denn wir sind Menschen mit Leib und Seele. Darum spricht der Apostel Paulus im Korintherbrief auch über die leibhafte Dimension unseres Glaubens. Der christliche Glaube ist keine esoterische Idee, kein spirituelles Kalenderblatt. Er will den ganzen Menschen ergreifen – mit Leib und Seele. Das merken wir am deutlichsten in den Sakramenten. Denn hier berührt uns Jesus leibhaftig. Er wäscht uns im Wasser der Taufe rein. Er salbt uns in der Firmung, damit wir Mut haben ihn zu bekennen. Er ist uns Nahrung im Brot der heiligen Eucharistie. Er berührt die Kranken in der heiligen Ölung. So will der Herr uns zeigen, dass er bei uns „wohnt“.

Freilich sind die Zeichen seiner Gegenwart unscheinbar. Was ist das schon, die paar Tropfen Wasser auf dem Kopf des Säuglings? Was ist das schon die kleine Hostie, die wir den Kommunionkindern reichen, die wir in jeder heiligen Messe empfangen dürfen? Es braucht offene Ohren und offene Herzen, die Gegenwart Jesu nicht zu übersehen, seinen Ruf nicht zu überhören. Darauf macht uns die wunderbare Berufungserzählung des Samuel aufmerksam. Viele Menschen sind müde geworden, selbst der Priester Eli. So trauen sie der Stimme Gottes kaum mehr. Doch der Herr ruft Samuel bei seinem Namen. Und er ruft ihn als seinen Propheten.

Gewiss ist das eine außergewöhnliche Berufung. Das mag auch die Berufung der Apostel im Evangelium sein. Doch auch uns spricht der Herr ganz persönlich an. Er lädt uns ein, auf ihn zu hören, bei ihm zu verweilen, wenn er sagt: „Kommt und seht.“ Amen.

17.01.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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