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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Vierten Adventssonntag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, das Große und Spektakuläre erfährt die meiste Aufmerksamkeit. Wir neigen als Menschen dazu, unsere Augen und Ohren dorthin zu richten, wo es blinkt oder knallt. Und die vielfältigen Medien verstärken die Neigung noch. Über Frauen und Männer mit großer Bekanntheit wird mehr berichtet; sie werden nach ihrer Meinung gefragt… Es scheint vielen einleuchtend, dass vor allem diejenigen die Welt bewegen, die große Macht, Geld oder Einfluss haben.

Da ist gewiss etwas dran, doch ich frage mich, ob unsere tägliche Erfahrung nicht auch etwas anderes bestätigt. Sind es nicht vielmehr die „Kleinen“, die „einfachen Menschen“, die die Welt zusammenhalten, indem sie „einfache“ Taten aus Güte und Liebe vollbringen? Von außen betrachtet erscheinen diese Taten als „kleine“ Dinge. Ich meine alltägliche Taten, wie etwa dass jemand in diesen Tagen einen Einsamen anruft, eine Karte schreibt oder einen Besuch macht. „Einfach“, um zu zeigen: Du bist nicht allein. Du bist nicht vergessen. Oder wenn Paare einander nach einem Streit immer wieder annehmen, einander tragen und ertragen auch mit den Begrenztheiten, die der andere hat. Oder die Zeit und Hilfe, die einem Nachbarn oder einer Gemeinschaft geschenkt wird ohne zu zählen oder aufzurechnen.

Es sind die „einfachen“ Taten aus Güte und Liebe, die Licht ins Dunkel tragen. Und eben davon spricht die Frohe Botschaft des Advents. Der König David fasst einen großen Plan. Er will Gott einen prächtigen Tempel bauen, so hörten wir es in der Ersten Lesung. David sieht sich auf dem richtigen Weg, er erfährt sogar zunächst die Anerkennung des Propheten Natan. Doch Gott denkt offenbar in anderen Maßstäben. Er selbst will sich ein Haus bauen in den Herzen der Menschen. In der Mitte seines Volkes, in ihrem konkreten, täglichen Leben will Gott wohnen. Dort, wo Menschen ihr Herz und ihre Hoffnung für den Herrn öffnen.

Und wer könnte uns das deutlicher zeigen als die Jungfrau Maria, von der wir an diesem Vierten Advent im Evangelium hören. Sie ist die „kleine“, die demütige Magd des Herrn. Nicht im Rampenlicht steht sie, sie lebt in einem abgelegenen Ort, den die Heilige Schrift bis zu den Evangelisten gar nicht erwähnt: in Nazareth. Maria führt ein einfaches Leben. Sie wird ihren Nachbarn vielleicht gar nicht besonders aufgefallen sein. Doch sie lebt ganz aus dem Gottvertrauen. Sie und ihren Bräutigam, den heiligen Josef, zeichnen die einfachen Taten der Güte und Liebe aus, die Gott sieht. Und Gott hat Maria gesehen. Er hat ihren Glauben und ihre Liebe gesehen. Darum geht an sie die Botschaft, dass sie die Mutter des Erlösers werden soll. Und das schlichte „Ja“ der Gottesmutter verändert den Lauf der Welt. Ihre Bereitschaft, nicht sich selbst zu verwirklichen, sondern sich in den Dienst des Erlösers und seines Wirkens zu stellen, bringt die entscheidende Wendung der Geschichte: Gott tritt ein in unsere Welt. Gottes Sohn wird Mensch aus Maria, der Jungfrau, seiner Mutter.

Ja, „selbst der Kleinste vermag den Lauf des Schicksals zu verändern.“ (Tolkien, Herr der Ringe) Das darf uns ermutigen für unser tägliches Bemühen, dass auch wir Glaube, Hoffnung und Liebe leben. Mut macht uns das Vorbild der Gottesmutter und des heiligen Josef. Mut macht uns das Wissen um die Nähe des Erlösers, der in unserer Mitte wohnen will. Mut macht uns der Apostel Paulus, der der Christengemeinde in Rom schreibt: „Ehre sei dem, der die Macht hat euch Kraft zu geben“. Ja, der Herr ist unsere Kraft. Amen.

20.12.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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