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Predigt von Pfarrer Daigeler bei der österlichen Messe für Papst Franziskus

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, vieles wird gesagt und geschrieben in diesen Tagen über unseren Heiligen Vater, der vorgestern im Alter von 88 Jahren heimgerufen worden ist. Manches ist zutreffend, manches wohl eher Anliegen dessen, der es über den Verstorbenen sagt. Für mich hat sich Papst Franziskus mit einem eindrucksvollen Bild aus dieser Welt verabschiedet. Der sichtbar von der schweren Krankheit gezeichnete Mann segnet die Stadt und den Erdkreis – mit brüchiger Stimme, kaum konnte er noch den Arm heben. Ein starkes Zeichen. Am Ende ist es nicht unsere Kraft, sondern die Kraft des Herrn, die er aber in die Hände seiner oft schwachen Diener gelegt hat.

Unsere Welt zeichnet gewöhnlich andere Bilder: Menschen, die groß aufsprechen, die behaupten, alles zu wissen und alles regeln zu können. Menschen, die gewaltsam über andere herrschen wollen. Für mich ist der gebrechliche Papst, der den Segen spendet, geradezu ein Bild dessen, was wir in der Lesung des Mittwochs der Osteroktav gehört haben. Die Apostelgeschichte erzählt uns von einem gelähmten Bettler, der Petrus und Johannes im Tempel um Hilfe anfleht. Kein Gold, kein Silber haben sie ihm zu geben. „Doch das, was ich habe, gebe ich dir“, spricht ihm Petrus zu. Und was ist das? Jesus Christus, sein Segen und seine heilende Macht!

Wir haben als Kirche den Menschen nichts Kostbareres zu bringen als Christus. Papst Franziskus wurde nicht müde, die Kirche an diese Mission zu erinnern. „Die Freude des Evangeliums teilen“, sah er als die Aufgabe aller Getauften. Das schrieb er in sein erstes Lehrschreiben. Jesus Christus zu den Menschen bringen – besonders zu den Armen, den Kranken, den Übersehenen… Auf diesem Weg ging Papst Franziskus mutig voran als Missionar und Seelsorger. Manchmal tat er das unkonventionell, besorgte ihn doch, dass die Kirche durch ein Übermaß an Organisation, den Kern des Evangeliums aus dem Blick verlieren könnte. In seinem leider viel zu wenig beachteten Brief an das pilgernde Gottesvolk in Deutschland mahnte er, „dass unsere Sendung sich nicht an Prognosen, Berechnungen oder ermutigenden oder entmutigenden Umfragen festmacht (…) und ebenso wenig an erfolgreichen Ergebnissen unserer Pastoralplanungen. (…) Unsere Sendung und unser Daseinsgrund wurzeln darin, dass „Gott die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn dahingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3,16). Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne ‚Treue der Kirche gegenüber ihrer eigenen Berufung‘ wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben.“ Den „Primat der Evangelisierung“ schrieb er darum uns allen ins Stammbuch.

Papst Franziskus war kein „Reformer“, der diese oder jene Struktur in der Kirche ändern wollte. Kaum eine der in den Medien seit Jahrzehnten wiederholten Forderungen, was die katholische Kirche alles endlich ändern müsse, hat er erfüllt. War er zu schwach, waren die Gegner zu stark? Ich glaube nicht. Ich glaube vielmehr, dass es ihm um eine ganz andere „Reform“ ging. Es ging ihm darum an die Quellen, an den Ursprung zurückzugehen.

Dort begegnen wir Menschen wie Maria Magdalena, von der wir eben im Evangelium hörten. Sie hat sich von Jesus ansprechen lassen. Sie hat mit Jesu Hilfe ihr ganzes Leben verändert. Sie hat sich bekehrt. Sie ist eine seiner treuesten Freundinnen geworden. Und sie hat die Frohe Botschaft weitergesagt: Der Herr lebt. Und auch wenn wir ihn nicht „festhalten“ können, ist er immer bei uns!

Was für eine Botschaft! Gottes Barmherzigkeit lässt uns immer neu beginnen, auch wenn wir gefallen sind. Die Hingabe seines Sohnes am Kreuz drängt uns, zu den Notleidenden zu gehen und ihnen Liebe zu zeigen… Mir ist hier ein Satz in Erinnerung, von einem der – wie ich finde – beeindruckendsten Gottesdienste, die Papst Franziskus zelebriert hat, nämlich in der Pandemie auf dem menschenleeren Petersplatz: „Keiner rettet sich allein!“

Genau auf diese Mitte und diesen Grund unseres Glaubens hat uns Papst Franziskus immer neu hingewiesen. „Keiner rettet sich allein.“ Wir brauchen Christus und wir brauchen einander! Für dieses Glaubenszeugnis dürfen wir dankbar sein.

Beten wir für unseren Heiligen Vater, dass sich an ihm das österliche Geheimnis erfüllt. Er hat auf die Barmherzigkeit Gottes vertraut, darum möge er in Fülle erfahren, was sein bischöfliches Leitwort war: Miserando atque eligendo. Ein Wort über die Berufung des Zöllners Levi zum Apostel, zu deutsch: Erbarmungsbedürftig und doch erwählt. Amen.

23.04.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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