Predigt von Pfarrer Daigeler zum Christkönigssonntag B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Ausdrucksformen des Glaubens ändern sich im Laufe der Jahrhunderte. Früher baute man Kirchen so prächtig wie möglich, mit zahlreichen Bildern und Altären. Alles sollte von der Schönheit des Himmels kündigen. Für Gott war das Beste aus der Kunst gerade gut genug. Im 20. Jahrhundert wurden schlichte Kirchen gebaut. Teilweise sollten sie bewusst an Fabrikgebäude oder ähnliches erinnern. Man versuchte so zu zeigen, dass Gott auch im Alltag seinen Platz findet.
Jeder von uns fühlt sich nun vom einen oder vom anderen mehr angesprochen. Man wird auch für beide Positionen gute Gründe anführen können. Das macht die Spannung unseres christlichen Glaubens aus: Ja, Gott ist der Schöpfer, allmächtig und allherrschend. Und gleichzeitig ist er Mensch geworden, er hat sich der Erbärmlichkeit des Stalls von Betlehem ausgesetzt, er ist am Kreuz unter Verbrechern gestorben. Er ist unendlich größer als alles, was wir uns vorstellen können, ewig. Und doch ist er jedem von uns nahe, will unser Leben teilen.
Der letzte Sonntag des Kirchenjahres zeigt uns Christuskönig. Auf den ersten Blick scheint das Fest aus einer anderen Epoche. Könige gibt es doch bestenfalls noch in Illustrierten, Macht besitzen sie längst nicht mehr. Doch ist das Fest keine Folklore. Es versucht mit Hilfe eines Begriffs etwas Wichtiges von unserem Glauben zu benennen.
Worum geht es also? Auch die biblischen Lesungen des Christkönigssonntags sind ausgespannt zwischen den bereits beschriebenen Aussagen über Gott. Die Zweite Lesung nennt Christus den „Herrscher über die Könige der Erde“, doch das Evangelium zeigt uns Jesus vor Pilatus und erinnert an das Kreuz, an die Dornenkrone. Unsere – oft ungeduldige – Zeit würde vielleicht fragen: Ja, was denn nun? Ist er König oder Verurteilter, ist er Herrscher oder Ausgelieferter? Als Menschen neigen wir oft zum „Entweder oder“, zur Vereinfachung, damit er für uns fassbarer, überschaubarer wird. Doch Gott ist größer. Darum fordert uns der Glaube immer wieder heraus. Der christliche Glaube wagt ein „Sowohl als auch“. Der Gottessohn ist Herrscher und Ausgelieferter, er hat seine Macht eben in seiner Hingabe gezeigt, indem er es nicht nötig hatte andere herabzusetzen, um selbst groß zu sein. Er hat sich zum Diener aller gemacht, darum hat ihm der Vater alle Macht übergeben, wie der Prophet Daniel vorausschaute: „Ihm wurden Macht, Würde und Königtum gegeben. … Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft.“ Anders ausgedrückt: Ja, Christus ist ein König, „doch sein Reich ist nicht von dieser Welt.
Dieser Glaube birgt eine ungeheure Zuversicht für uns. Wir erleben ja immer wieder die eigene Ohnmacht angesichts von Krankheit, Trennung, Streit… Manchmal ist es schier zum Verzweifeln. Doch in jeder Stunde ist uns die Liebe des Heilands zugesagt. Er hat sein Leben für mich gegeben, damit wir Hoffnung haben, weil wir nie allein sind, weil wir Miterben seines Reiches sind. Für diese Wahrheit hat Christus mit seinem Leben und Sterben Zeugnis abgelegt. Für die Wahrheit, dass am Anfang und am Ende die Liebe steht. Gott spricht: „Ich bin das Alpha und das Omega“, der Anfang und das Ende, der „Herrscher über die ganze Schöpfung“. Ihm dienen, heißt herrschen. Jesus ist uns den Weg vorangegangen, folgen wir ihm. Er ist unser Herr und unser König. Amen.
21.11.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler