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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 12. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn ich das heutige Evangelium höre, denke ich an die beeindruckende Andacht, die unser Heiliger Vater in der Pandemie gehalten hat. Vielleicht erinnern Sie sich an die Bilder vom menschenleeren Petersplatz, auf dem der Papst nahezu allein die Stadt Rom und die Welt mit dem Allerheiligsten segnete. Im ersten „Lockdown“ tat Papst Franziskus das, was die eigentliche Aufgabe der Kirche und ihrer Hirten ist: Er betete. Und er lud die Menschen ein, mit ihm zu beten. Mit Hilfe der Medien – und vor allem mit Hilfe der Herzen waren Millionen von Menschen mit dem Heiligen Vater verbunden. Er sprach vom Trost des Glaubens, von der Kraft des Evangeliums. Und er tat damit das, was Jesus dem Petrus und seinen Nachfolgern aufgetragen hat: „Du aber stärke deine Brüder“ und Schwestern.

Ich denke, man kann sich die Situation der Jünger vorstellen. Ein Boot im Sturm – und die Jünger bekommen Angst. Jeder von uns kennt Situationen, in denen ein Sturm über uns hereinbricht: In der großen Welt, eine Krise wie in diesen Tagen, aber ebenso in unserer kleinen Welt, wenn man eine Krankheitsdiagnose erhält, wenn es Streit oder gar Zerbrechen einer Familie gibt, wenn Eltern sich sorgen um ihre Kinder, die gefährliche Wege gehen, oder wenn jemand Angst hat um die aufgebaute Existenz oder um den Arbeitsplatz…

Das menschlich Tröstende am heutigen Evangelium ist zunächst: Wir dürfen wie die Jünger rufen, beten, ja sogar schreien: „Herr, sieh unsere Not. Sieh unsere Angst“! Mit ihrem Beten und Rufen rütteln die Jünger den Herrn wach.

Doch sie können nur zu ihm rufen, weil er bereits da ist. Und das ist das göttlich Tröstende am Evangelium. Es enthält die Botschaft, dass Jesus immer mit uns im Boot sitzt in den Stürmen unseres Lebens. Er ist der Immanuel, der „Gott-mit-uns“, der uns versprochen hat: „Seid gewiss, ich bin bei euch bis zum Ende der Welt“. Diese Frohe Botschaft brauchen wir. Diese Botschaft braucht die Welt. Und es ist der unaufgebbare Auftrag der Kirche, dieses Evangelium zu verkünden. Keine andere Aufgabe ist so wichtig und so dringend wie diese, dass wir als Gemeinschaft der Christgläubigen den Menschen zurufen: „Gott ist da! Er ist bei uns!“ Nur dieses Evangelium befreit und rettet uns.

Als Jesus aufwacht, scheint er zunächst ein wenig enttäuscht über den Kleinglauben seiner Freunde: „Habt ihr noch keinen Glauben?“ Aber dieses „noch“ birgt das Potential, dass der Glaube wächst. Freilich verstehen wir nicht jedes Leiden in dieser Welt, wir haben nicht auf jede Zumutung eine Antwort. Daran erinnern uns die Worte des Dulders Ijob, die wir in der Ersten Lesung hörten. Doch sie sprechen gleichzeitig von einer Grenze, die Gott selbst dem Sturm und den Wogen gesetzt hat: „bis hierhin und nicht weiter“!

Was ist nun diese Grenze? Sie ist kein Ort, sie ist eine Person: Jesus Christus. Das bezeugt uns der heilige Paulus. Jesus Christus ist die Grenze des Bösen. Sein Tod und vor allem seine Auferstehung sagen uns, dass kein Leiden ewig währt, dass nicht das Dunkle und das Bedrohliche das letzte Wort haben, sondern ER. Und er sagt: „Ich will, dass ihr das Leben habt und es in Fülle habt.“

In ihm sind wir schon „eine neue Schöpfung“. Das „Alte“ bedrängt und bedrückt uns noch, aber das „Neue“ hat bereits begonnen für den, der sich an Jesus hält. Als Christen sind wir Boten des Neuen, des größeren Lebens. Wir sind Boten des Siegs, den uns Christus errungen hat. Darum ist Jesus in das Boot unseres Menschseins gestiegen, um uns in jeder Not nahe zu sein – und um uns aus jeder Not herauszuführen in das neue Leben in seiner Fülle. Amen.

20.06.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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