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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 6. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, meine Mutter hatte als Kind Scharlach Damals musste sie für mehrere Wochen in Quarantäne. Für das Kind war das hart, ganz allein zu sein. Isolation war damals der angeordnete Schutz vor dieser ansteckenden Krankheit. In jüngster Zeit ist Quarantäne in einer Weise wieder in unser Leben gekommen, wie wir es wohl nie für möglich gehalten hätten.

Die zuzugeben etwas eigenartige Lesung aus dem Alten Testament ist eine frühe Hygienevorschrift. Weil es in der Bibel steht, gehen wir gewöhnlich davon aus, dass es um etwas Religiöses oder Frommes gehen muss. Doch die Heilige Schrift birgt auch menschliche Weisheit und Erfahrungen, die im Licht des Glaubens weitergegeben wurden. Die Krankheit, um die es hier geht, ist „Aussatz“ oder Lepra. Eine furchtbare Krankheit, durch Körperkontakt übertragbar. Bis zur Entdeckung des Penicillins war sie unheilbar und verursachte großes Leid. Die Isolation der Erkrankten war eine sinnvolle Schutzmaßnahme.

Gleichzeitig birgt dieser Umgang mit den Kranken eine Kehrseite. Was ist schlimmer für einen Menschen, als ausgegrenzt zu sein? Wenn er nicht mehr dazu gehören darf zur Gemeinschaft und zu seiner eigenen Familie? In den letzten Jahrzehnten wurden die psychischen und seelischen Folgen eines solchen Geschehens mehr in den Blick genommen. Isolierte Patienten in der Klinik wurden von Psychologen und Seelsorgern eigens begleitet.

Vieles davon scheint in der Corona-Krise wenig zu zählen. Rund um die Uhr werden uns Zahlen von Infizierten und Verstorbenen vorgestellt. Doch wer fragt: Wie viele Menschen sind im „Lockdown“ einsam gestorben – auch ohne an Covid erkrankt zu sein. Wie viele liegen einsam in einem Krankenbett? Wie viele Menschen im Altersheim dürfen keinen Besuch empfangen? Wie viele Kinder durften und dürfen keine Freunde treffen? Ist es richtig, nur um zu überleben, aufzuhören zu leben? Schließlich ist doch Leben mehr als ein biologischer Vorgang. Das Miteinander, Kontakte und Austausch sind lebensnotwendig. Die Hand, die den Kranken hält, ist nicht weniger wichtig als die Medizin, die man ihm reicht. Das sagt uns das Herz, das sagt uns der gesunde Menschenverstand. Das hat uns die kostbare Palliativmedizin gelehrt.

Und das sagt uns der christliche Glaube, wenn wir ins heutige Evangelium schauen. Jesus berührt den Aussätzigen, das hält der heilige Markus ausdrücklich fest. Jesus berührt ihn, dann heilt er ihn. Schließlich öffnet er ihm einen Weg, zurück in die Gemeinschaft. Das ist ja gemeint mit dem Hinweis: „Zeig dich den Priestern“. Sie sollen erkennen, dass er geheilt ist und dass er nun wieder dazu gehören darf.

Jesus geht nicht auf Abstand zu den Kranken. Seine Berührung heilt. Das bedeutet für uns zweierlei. Zum einen dürfen wir immer seine Nähe suchen. Für uns Katholiken sind gerade die Sakramente ein kostbarer Schatz. In ihnen berührt uns der Heiland leibhaft. Darum brauchen wir die heilige Messe am Sonntag. Sie ist nicht einfach durch ein privates Gebet oder durch das Internet zu ersetzen. Wir sind Menschen mit Leib und Seele. Darum brauchen wir den Leib Christi.

Die andere Seite ist, dass auch wir die Liebe Christi für andere erfahrbar machen sollen. Natürlich gibt es sinnvolle Hygieneregeln. Aber bei aller gebotenen Vorsicht sind sie nicht das Einzige. Wir dürfen darüber nicht die menschliche Würde verlieren. Die Gesundheit der Seele, die Sorge um die Seele darf weder verboten noch vergessen werden. Kinder brauchen Eltern und Großeltern, die sie in den Arm nehmen. Sie brauchen Freunde, mit denen sie spielen. Kranke und Einsame brauchen Menschen, die zuhören oder die einfach da sind. Sterbende brauchen die Sakramente und brauchen eine Hand, die sie hält. Das dürfen wir uns nicht ausreden lassen. Dafür müssen wir uns einsetzen, wenn wir in der Nachfolge Jesu bleiben wollen. Amen.

14.02.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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