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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 10. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, unsere Kirche ist in den Schlagzeilen. Ich weiß nicht, wie viel oder wie wenig Sie das bewegt – in Ihrem persönlichen Glauben, neben all ihren Aufgaben, Freuden und Sorgen. Von einer „Krise“ der Kirche ist die Rede. Dieses Wort hat inzwischen keinen Seltenheitswert mehr, wenn wir an andere Felder denken, wo es verwendet wird: Finanz- und Corona-Krise, Klima-Krise… Ohne Fragen und Probleme herunterspielen zu wollen, kommt mir der Gebrauch dieses Wortes in der Medienwelt fast inflationär vor.

Der Ursprung des Wortes „Krise“ liegt im griechischen Wort „krinein“. Das meint so viel wie „entscheiden“ und „unterscheiden“. Und so ist es ja auch. In der Krise wird der Unterschied deutlicher als sonst was tragfähig oder hohl ist, was lebendig oder unfruchtbar ist.

Nun werden wir in Krisen zahlreichen Menschen, häufig auch „Experten“ genannt, begegnen, die uns sagen: „Ich weiß, was zu tun ist. Ich weiß, wo es lang geht…“ Mit Vehemenz fordern nicht wenige zum Beispiel in unserer Kirche Reformen ein: „Macht“ müssen kontrolliert werden; Frauen sollen endlich „gleichberechtigt“ werden; die Pfarrer sollen heiraten dürfen; und schließlich alle unmodernen Regeln abgeschafft werden, damit die Kirche in unsere Zeit und in unsere Welt passt.

Das klingt in der Tat verlockend. Endlich nicht mehr anecken mit unseren Formen und Aussagen. Endlich wieder mitspielen dürfen mit den anderen… Aber die erschreckende Lesung, die wir an diesem Sonntag aus dem Alten Testament hören, ist eine deutliche Mahnung. In der Erzählung von Adam und Eva ist ja eine tiefe Glaubens- und Lebenserfahrung verarbeitet. Adam und Eva wollen ihr Leben nach ihren eigenen Regeln gestalten. Das scheint ihnen interessanter oder schöner. Doch der Reiz des Neuen und Anderen verfliegt schnell. Sie kommen sich „nackt“ vor und verkriechen sich. Die Vertreibung aus dem Paradies, die nun folgt, ist ein sprechendes Bild: Wo sich der Mensch an die Stelle Gottes setzt, zerbricht die gute Ordnung. Wo der Mensch selbst die Gebote aufstellen will, dort gewinnt er kein schöneres oder freieres Leben, im Gegenteil, er verliert es.

Diese Mahnung steht im Raum. Zumindest die Kirche kann sie nicht einfach ignorieren, nicht einfach sagen, dass die Gebote Gottes für sie nicht mehr verbindlich wären, nur weil sie nicht in unsere Zeit passen.

Freilich ist es nicht ganz einfach zu sagen, was denn nun der Wille Gottes ist. Es gibt ja Fragen, über die haben wir klare Aussagen in der Heiligen Schrift und in der Glaubenstradition unserer Kirche. Obwohl diese Sicherheit manchen in der Kirche auch nicht mehr auszureichen scheint. Aber nehmen wir diese Gewissheit einmal an, so gibt es doch auch Fragen, über die es nur menschliche Gewissheiten gibt. Gerade hier ist der Erfahrungsschatz unserer Kirche wertvoll. Denn sie hat ein größeres Gedächtnis als der Einzelne, weil sie jahrhundertealt ist, und sie hat mehr erlebt und erprobt, weil sie weltweit lebt.

Sich auf dieses Vertrauen einzulassen, fällt nicht immer leicht. Wir sehen das im Evangelium. Die Verwandten Jesu kommen mit seinen provokanten Worten und mit seinem Lebensstil nicht zurecht. Er muss verrückt oder gar besessen sein. Schließlich wollen sie ihn einfangen, ihn zum Schweigen bringen und ihn in die familiäre Ordnung einreihen. „So was sagt man nicht; so lebt man nicht“, meinen sie. Wohlgemerkt diese Kritik bezieht sich immerhin auf Jesus.

Die Botschaft Jesu ist zu jeder Zeit eine Herausforderung, eine Provokation, manchmal sogar ein Ärgernis. Und dennoch haben wir als Kirche keinen anderen Auftrag als, die Botschaft Jesu zu verkünden. Der Apostel Paulus spricht in seinem Korintherbrief genau davon. Er sagt, wie mühsam es manchmal ist, sich für die Sache Jesu einzusetzen. Er erzählt, dass ihm das manchmal Widerstand und Schläge eingebracht hat. Doch muss er das Evangelium verkünden, dass Jesus uns durch seinen Tod erlöst hat und dass seine Auferstehung unsere Hoffnung ist. Denn allein die Auferstehung Christi überwindet die von Menschen gemachten „toten Punkte“ und Sackgassen.

Was ist also zu tun? Ich habe keinen großen Plan. Ich meine, die Bischöfe und Priester, alle Gläubigen, ja alle in der Kirche müssen mehr vom Evangelium sprechen, mehr von Jesus sprechen. Seine Botschaft ist unsere Botschaft. Sein Evangelium zu verkünden, ist unser Auftrag. Seinen Weg versuchen wir nachzugehen in all unserer Begrenztheit. Natürlich bin ich ein Sünder! Dennoch oder umso mehr will ich vom Erlöser sprechen, von Jesus Christus. Er allein kann uns retten. Er allein kann die Kirche retten. Wo wir von ihm sprechen, dort wird Zukunft sein. Wo wir ihm nachgehen, werden wir das Leben finden. Das soll unsere Entscheidung sein. Amen.

06.06.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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