Predigt von Pfarrer Daigeler zum 13. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „media in vita in morte sumus“, heißt es in einem mittelalterlichen Hymnus. „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen“, heißt das zu deutsch. Eine Wirklichkeit, die wir nach Kräften auszublenden suchen. Dennoch tritt der Tod immer wieder in unser Leben nicht nur, wenn wir erschreckende Nachrichten hören. Denken wir an die Menschen in Würzburg, die vermutlich auf dem Weg zum Einkaufen oder nach Hause waren, die jäh um ihr Leben gebracht oder verletzt wurden. Beten wir für sie.
Keiner von uns kennt seine Stunde. Sicher ist nur, dass jedem seine Stunde aufgesetzt ist. Der Tod gehört zu den sichersten Fakten des Lebens – und doch wird er mit aller Vehemenz ausgeblendet. Die Verdrängung der Wirklichkeit scheint vielen heute ihre „Hoffnung“ geworden zu sein. „So schlimm wird es schon nicht kommen“, sagen wir angesichts vieler Probleme, vor deren Bearbeitung wir uns scheuen. Oder ich hörte jüngst in den Nachrichten über die Beerdigung des englischen Prinzen Philip, dass die Königin in der „vermutlich letzten Phase ihrer Regentschaft“ sei. Wenn jemand 95 Jahre alt ist, ist das keine „Vermutung“ sondern eine Tatsache. Und doch stimmen wir oft in diese Verschleierung der Wirklichkeit ein. Der Tod kommt in unserer Sprache nicht mehr vor. Auch darum geraten wir in Panik, wenn er so unvermittelt und deutlich in das Leben tritt wie in der Corona-Pandemie.
Was kann also eine Antwort sein? Für eine christliche Antwort braucht es stets zwei Bestandteile: Zum einen den klaren Blick für die „Zeichen der Zeit“, dafür, was eben Sache ist. Zum anderen braucht es das „Licht des Evangeliums“, um das, was wir sehen und erleben, recht zu deuten.
So tut es bereits das Alte Testament. In der Ersten Lesung aus dem Buch der Weisheit wird der Untergang, die Sterblichkeit wahrgenommen und ehrlich benannt. Doch im Blick auf den Schöpfer erkennt der Gläubige auch die „Unvergänglichkeit“. „Die Gerechtigkeit ist unsterblich“, hieß es dort. Das Gute, das Gott in seine Geschöpfe gelegt hat, das Gute und Gerechte, das Menschen bewirkt und getan haben, es ist aufgehoben und bleibt bewahrt, weil es ein „Bild“ von Gottes „eigenem Wesen“ ist, ein Bild seiner Güte und Gerechtigkeit. Darum darf es Teil haben an seiner Ewigkeit.
Freilich ist dieser Glaube nicht unumstritten. Jesus deutet an, dass der Tod für ihn seine Endgültigkeit verloren hat, wenn er sagt: „Das Kind schläft nur“. Die Menschen lachen ihn aus für diesen Glauben. Ausdrücklich hält der Evangelist Markus das fest. Der Glaube an die Auferstehung stößt auf Unverständnis. Manchen erscheint er sogar lächerlich. Hüten wir uns davor, diese Reaktionen vorschnell abzutun. Wenn der Tod uns einen lieben Menschen entreißt, ja wenn wir selbst an der Schwelle des Todes stehen, dann ist vielleicht auch unser Glaube manchmal klein oder zumindest angefragt.
Unser Glaube an das ewige Leben gründet aber nicht in der Erweckung der Tochter des Jairus. Diese ist ein Liebeswerk Jesu. Sie ist ein Zeichen für das Übermaß an Gnade, Kraft und Leben, die schon aus der Berührung mit dem Heiland kommt, die sich bereits in seiner Nähe ausbreitet. Doch unser Glaube an das ewige Leben gründet in der Auferstehung Jesu. „Er, der reich war, wurde euretwegen arm“, schreibt Paulus den Korinthern. Jesus hat das Leiden und den Tod nicht verdrängt oder geleugnet. Er hat es auf sich genommen. Durch seinen Tod hat er unseren Tod besiegt. Darum ist seine Auferstehung unser Weg. Darum suchen wir seine Nähe, weil wir als Christen vertrauen: Wenn wir uns an Jesus halten, wird er uns halten. Er hält uns selbst in der dunkelsten Stunde. Unsere Hoffnung ist nicht die Verdrängung. Unsere Hoffnung ist die Auferstehung! Wie es im Hymnus weiter heißt: „Welchen Helfer suchen wir als dich, Herr“. Christus ist unsere Hoffnung. Amen.
27.06.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler