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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 6. Ostersonntag B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn ich Schülern erklären will, was den christlichen Glauben ausmacht, dann greife ich gerne auf das Wort Freundschaft zurück. Und das ist keine private Idee, eben haben wir es aus dem Evangelium gehört. Jesus nennt seine Jünger „nicht mehr Knechte, sondern Freunde“. Der christliche Glaube ist keine Ideologie, kein Gefüge aus Sätzen und Regeln, er ist zu allererst Beziehung. Denn es geht um eine Person: Jesus Christus. Wir glauben, dass Gott selbst sich uns gezeigt hat in Jesus, seinem Sohn. Dieser Glaube macht uns überhaupt erst zu Christen.

Gott hat uns zuerst geliebt und unser Glaube ist eine Antwort auf dieses Geschenk. Darum fasst es das Wort Freundschaft sehr gut. Freundschaft ist eine freie Entscheidung. Freundschaft bedeutet Zeit für einander zu haben. Freundschaft bedeutet aufeinander zu hören und zu achten… Oder wie es Jesus sagt: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“

Das ist der Grund von allem, dass Jesus uns sein Freundschaftsangebot macht. Darum ist er in die Welt gekommen, darum hat er gepredigt, dafür hat er sein Leben am Kreuz hingegeben. An mir ist es, dieses Freundschaftsangebot anzunehmen und zu ergreifen. Die Erste Lesung nennt diese Entscheidung als das entscheidende Kriterium für die Kirche. Wir gehören zur Kirche durch den Glauben, nicht durch Herkunft oder Abstammung, nicht durch Wohnort oder Brauchtum. Entscheidend ist der Glaube, dass Jesus der Herr ist. Entscheidend ist, dass einer glaubt, dass Jesus auferstanden ist und dass wir allein in ihm das Leben haben.

Auf dieses Bekenntnis hin tauft Petrus Heiden, obwohl er selbst zunächst unsicher war. Er ist geprägt von der jüdischen Vorstellung, dass man in die Glaubensgemeinschaft hineingeboren wird. Wer eine jüdische Mutter hat, der ist Jude. Aber die Christengemeinschaft definiert sich nicht durch Geburt, sondern durch Glaube und Taufe. Und das ist für unsere Zeit eine ebenso große Herausforderung wie für die Zeit der Apostelgeschichte. Wir waren es über Jahrhunderte gewohnt, dass alle Kinder getauft werden. In unseren Dörfern gehörte praktisch jeder dazu. Heute ist das spürbar anders. Umso wichtiger ist die Entscheidung, um die es geht. Jeder muss sich für die Freundschaft mit Jesus entscheiden. Ich muss mich entscheiden. Dazu können mich andere ermutigen, mich begleiten, mir Vorbild sein, aber letztlich muss ich mich entscheiden.

Dass diese Entscheidung – so sie echt ist – aber nicht nur ein frommes Wort ist, sagt deutlich die Zweite Lesung. Dass wir einander lieben, zeigt, ob wir wirklich glauben, sagt der Johannesbrief. „Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist die Liebe.“ Das ist unmissverständlich. So wie es Jesus selbst immer wieder sagt, die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind die Erfüllung des ganzen Gesetzes. Dabei gehören beide Formen untrennbar zusammen. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Ohne Gott versiegt unsere Kraft zu lieben. Aber nur wenn ich den Nächsten achte – wer immer es auch sei, nur dann ist meine Gottesliebe echt.

Die heutigen Lesungen machen uns ein großes Angebot. Jesus will unser Freund sein. Wir dürfen seine Freunde sein, egal wo wir herkommen oder welche Eigenschaften wir haben. Doch wie bei jeder menschlichen Freundschaft gelingt auch diese Freundschaft nicht ohne unseren Einsatz. Und dieser Einsatz ist die Liebe – die Liebe zu Gott und die Liebe zueinander. Amen.

05.05.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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