Predigt von Pfarrer Daigeler zum 19. Sonntag im Jahreskreis A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, am vergangenen Sonntag war bei der Verklärung Christi die Rede davon, dass Jesus auf dem Berg mit Mose und Elija geredet habe. Im Alten Testament ragen einzelne Gestalten besonders hervor. So nimmt unter den zahlreichen Propheten Elija eine besondere Stellung ein. Viele Zeitgenossen von Johannes dem Täufer sehen in ihm den wiedergekommenen Propheten Elija. Gewiss hat das verschiedene Gründe, doch ein gewichtiger Grund ist, dass sich sowohl Johannes der Täufer wie auch Elija für die Sache Gottes mit den Mächtigen ihrer Zeit angelegt haben.
Um die heutige, erste Lesung aus dem Buch der Könige zu verstehen, ist dieser Hintergrund wichtig. Der Prophet Elija hatte nämlich den König Ahab massiv kritisiert, weil dieser in Israel die Verehrung des Baal etabliert hatte. Ganz entgegen dem ersten der Zehn Gebote: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben.
Auf dem Berg Karmel kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Elija und den Baalspriestern. Gott hört das Gebet des Elija und nimmt im Feuer sein Opfer an, während das Opfer der Baalspriester unangetastet bleibt. Dieses Zeichen führt aber nicht zur Bekehrung des Königs, vielmehr muss Elija nun dessen Rache fürchten und flieht in die Wüste. Er ist verzweifelt, er wünscht sich sogar den Tod. All sein Mühen scheint ihm vergeblich.
Und in dieser Situation hört er nun das „leise Säuseln“ der Stimme Gottes. Eine erstaunliche Geschichte, die uns viel über das rechte Gottesbild lehrt. Wir wünschen uns deutliche Zeichen: Gott muss doch eingreifen, wo Unrecht geschieht. Er muss sich doch zeigen, wo er übersehen wird. Er muss doch Wunder wirken, wo wir es brauchen und herbeisehnen… Doch unsere Erfahrung ist manchmal eine ganz andere. Wir mühen uns ab gleich den Jüngern im Seesturm. Das Boot unseres Lebens wird manchmal hin und her geworfen im Sturm, sodass wir vielleicht unsicher werden: Ist er denn wirklich bei uns? Ist er wirklich allmächtig, er, den wir Gott nennen? Haben nicht vielmehr diejenigen Recht, die sagen: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott… Was rufst du nach Gott, er kann dir auch nicht helfen, so er denn existiert“…?
Die Begebenheit aus dem Buch der Könige ist hier hilfreich. Der Prophet Elija darf sehr wohl erleben, dass sein Gebet erhört wird. Gott zeigt sich im Feuer, das vom Himmel kommt und Opfer annimmt. Und derselbe Elija wird kurz darauf auf dem Gottesberg Horeb zu einem noch tieferen Verstehen geführt. Sturm, Erdbeben, Feuer, gewaltige, sichtbare Phänomene treten auf. „Doch der HERR war nicht im Feuer.“ Erst in einem „sanften, leisen Säuseln“ kommt er, und Elija darf es vernehmen.
Natürlich gibt es große Wunder, die Gott damals wie heute wirkt. Daran habe ich keinen Zweifel. Aber das eigentliche Wunder ist nicht, dass Feuer vom Himmel fällt, dass Jesus auf dem Wasser geht oder dass er den Seesturm beendet… Denn es wird in jedem Menschenleben immer neue Herausforderungen geben. Selbst wenn die erbetete Heilung eingetreten ist oder etwas ähnliches. Das entscheidende Wunder ist leise und sanft. Es ist die Gewissheit des Herzens: „Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht.“ So ruft es Jesus den Jüngern im Boot zu. So erfährt es Elija in seiner Verzweiflung, in der er sich in einer Höhle verkrochen hatte.
Darum lautet ja der Gottesname in der Heiligen Schrift: „Ich bin“ oder „Ich bin da“. Er ist da, bei uns, bei mir – in den Stürmen meines Lebens. Und er hält es mit aus. Er läuft nicht davon. Er trägt es mit uns. Es geht um die Glaubensgewissheit: Er ist da! Nur ganz leise, darum wird er leicht überhört oder übersehen. Doch unverbrüchlich, darum müssen wir immer neu lernen zu lauschen, darum braucht es das tägliche Hinhören in Gebet und Gottesdienst. Amen.
13.08.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler