Predigt von Pfarrer Daigeler zum 16. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, für uns sind Bilder wertvoll, um etwas anschaulich zu machen, um etwas auszudrücken, für das wir sonst viele Worte bräuchten. Das begegnet uns häufig auch in der Heiligen Schrift. Jesus verwendet zum Beispiel gerne Gleichnisse, um seinen Zuhörern die Botschaft verständlich und begreifbar zu machen. Oder heute wird das Bild eines Hirten verwendet, der sich um die Herde sorgt.
Es kommt schon im Alten Testament vor und wir hörten es in der Ersten Lesung: „Weh den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten…“ Darum sagt Gott: „Ich werde für sie Hirten erwecken, die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen und nicht mehr verloren gehen.“ Soweit der Prophet Jesaja.
So beruhigend und bestärkend dieses Bild des guten Hirten ist, so sehr ist es bei manchen Menschen heute umstritten. Dass da jemand sein soll, der andere führt und leitet, wird hinterfragt. Weiß denn nicht jeder selbst am besten, was gut für ihn ist? Wie könnte da ein anderer „Hirte“ sein, sei das Jesus selbst oder seien es Hirten in der Kirche?
Zugegeben, diese Haltung klingt beim ersten Hören überzeugend. „Klar, mir braucht doch keiner was zu erzählen…“ Aber ist das wirklich so? Jesus jedenfalls sieht die Erschöpfung seiner Jünger und er erkennt die Ratlosigkeit der Menschen, die ihm „wie Schafe, die keinen Hirten haben“, vorkommen. Und er wendet sich ihnen zu und lehrt sie.
Im Kern geht hier um eine Grundfrage des Glaubens. Wer ist Gott? Ist das eine nette Allegorie, ein schöner Gedanke, der mir gut tut, wenn mir danach ist…? Oder ist er, wie wir Sonntag für Sonntag im Credo sprechen: Allmächtig, der Schöpfer des Himmels und der Erde – und auch mein Schöpfer. Wenn ich das bekenne, dann schließt das zwingend ein, dass ich damit bekenne, dass Gott einen weiteren Blick hat als ich, dass er mehr weiß und kann als ich, ja dass er alles vermag. Darum ist seine Weisung und Führung richtig, darum ist er der gute Hirte. Und wir verlieren nichts von unserer Freiheit, wenn wir uns seiner Weisung anvertrauen. Im Gegenteil, wir finden erst die wahre Freiheit durch unsere Entscheidung, ihm unser Leben anzuvertrauen.
Das klingt vielleicht abstrakt oder theoretisch. Ist es aber nicht. Jesus verdeutlicht es im Evangelium. Er sendet seine Jünger als Boten aus. Sie sollen nicht eigene Ideen oder privaten Vorlieben verbreiten, sondern seine Botschaft weitersagen – nicht weniger Jesus, den Herrn, sollen die Hirten der Kirche verkünden. Dieser Auftrag ist uns von ihm selbst gegeben. Darum steht er nicht zur Auswahl, darum kann er nicht nach Belieben geändert werden. Jesus sieht aber auch, dass diese Aufgabe Kraft kostet. Jedes Engagement in der Kirche kostet Kraft. Das gilt für berufliche wie für ehrenamtliche Kräfte. Darum lädt Jesus seine Jünger ein, bei ihm auszuruhen.
Uns ist eine gute Ordnung gegeben im Wechsel von Werktag und Sonntag, von Arbeit und Ruhe, von Aktion und Gottesdienst. Natürlich gibt es heute nicht wenige Menschen, die meinen, es „besser“ zu wissen. Sie meinen, man könnte problemlos den Sonntag ersetzen durch Arbeit und mit individueller Freizeit einholen. Sie meinen, man könnte folgenlos die Zeiten der Ruhe durch Party und Tanz ersetzen. Sie meinen, man könnte ohne Gottesdienst die Woche ebenso gestalten…
Aber die allgemeine Erschöpftheit und Gereiztheit unserer Gesellschaft belegt, dass das nicht wahr ist. Wir brauchen den guten Hirten Jesus Christus. Wir brauchen sein Wort und seine Weisung. Wir wollen bei ihm auszuruhen und auftanken im Gottesdienst.
Dazu brauchen wir Menschen, die sich als Boten Christi senden lassen im kirchlichen Dienst. Wir brauchen Menschen, die Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, die auch manchmal an Grenzen oder Regeln erinnern. Denn nicht anderes heißt ja das Wort vom Hirten, dass einer Verantwortung übernimmt – auch für andere. Was wäre unsere Gemeinschaft ohne Menschen, die Verantwortung übernehmen? Wir brauchen sie. Und brauchen das Vorbild Jesu, der uns zeigt, dass dieser Hirtendienst gut gelingt. Amen.
21.07.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler