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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 8. Sonntag im Jahreskreis C

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, durch die Krankheit des Heiligen Vaters beten zur Zeit viele Gläubige für ihn; manche denken auch darüber nach, was er uns gelehrt hat. Für mich ist in seinen Predigten besonders oft das Thema „Unterscheidung“ zu hören. „Discernimento“ sagt Papst Franziskus dann auf Italienisch, zu deutsch: Unterscheidung. Für die geistliche Tradition des Jesuiten, aus der der Papst stammt, ist das ein Kernanliegen. Der Gründer der Jesuiten, der heilige Ignatius von Loyola hat sich intensiv damit beschäftigt. Er wollte Gläubigen helfen bei der „Unterscheidung der Geister“ und ihnen damit zu einer guten Entscheidung verhelfen. Er hat dazu das entwickelt, was wir „Exerzitien“ nennen.

Klar ist, dass es ein anspruchsvolles Unterfangen ist. Viel einfacher ist es, irgendwelche Stimmungen „rauszuhauen“, wie wir das häufig gesellschaftlich und medial erleben. Differenzierung und Unterscheidung sind mühsame Prozesse. Die alttestamentliche Lesung verwendet dafür das Bild eines Siebes und auch das Bild eines Brennofens. So wird deutlich: Es ist anstrengend. Und wenn wir das Bild des Baumes, das Jesus im Evangelium verwendet, noch hinzufügen, dann sehen wir auch, dass es Zeit braucht. Die Frucht wächst nicht in einem Augenblick. Sie braucht den guten Boden, sie braucht Sonne und Regen, sie braucht Zeit…

Und gerade das scheint mir ein Hauptproblem unserer Epoche zu sein. Wir haben keine Zeit oder wir nehmen uns keine Zeit für die Unterscheidung. Nahezu jeder von uns hat ein Smartphone. Wie oft schauen wir darauf: Gibt es etwas Neues? In der Welt, in meinem Freundeskreis… Gewiss wäre es naiv zu meinen, wir könnten in einer Welt ohne Technik leben. Ich will das auch gar nicht. Aber wir können nie mithalten mit der Geschwindigkeit der Rechner. Der Computer liest und rechnet ungleich schneller als wir. Darum dürfen wir ihn nicht zum Maßstab machen, er muss ein Hilfsmittel bleiben.

Keiner von uns kann einfach „aussteigen“ aus der Welt. Ich weiß auch nicht, ob das gut wäre. Wir wollen als Christen ja keine Sekte sein, die den Stand einer einzelnen Epoche einfriert und daran festhält. Aber es ist dennoch eine Entscheidung: Wo nehme ich mir Zeit, Dinge zu bedenken, zu unterscheiden…?

Das tägliche Gebet, gerade auch der Tagesrückblick am Abend, will dazu eine wertvolle Hilfe sein. Der kurze Besuch vor dem Tabernakel, das Innehalten im Gotteshaus innerhalb meiner Aufgaben, ist eine Chance, aus der Hektik herauszukommen. Auch die Heilige Messe, natürlich am Sonntag, aber auch an den Werktagen, ist eine wunderbare Gelegenheit zur „Unterbrechung“.

Freilich wissen wir auch, dass Gott nur leise spricht. Denken wir an den Propheten Elija, der weder im Sturm noch im Erdbeben, sondern erst im leisen Säuseln Gottes Stimme hört. Für die gute Unterscheidung braucht es das Hinhören in der Stille. Es braucht die Zeit, die wir uns nehmen müssen, um nachzudenken, auf den Herrn zu hören und mit ihm zu reden.

Schließlich erinnert uns die Zweite Lesung noch an eine wichtige Wahrheit unseres Glaubens. Paulus schaut mit uns auf den Gekreuzigten, der zugleich der Auferstandene ist. Wenn wir bei unseren Entscheidungen auf Gott hören, dann lässt er uns immer auch die andere Seite sehen: Ja, das Kreuz ist da, hier und jetzt. Es ist oft schwer. Aber es gibt noch etwas anderes, eine Hoffnung, eine Auferstehung, die wir durch Christus kennen.

Darum nutzen wir Hilfen, die er uns schenkt: das Gebet, das Wort Gottes, die Gemeinschaft der Kirche, die Sakramente, damit wir gute Früchte bringen, damit wir „aus dem guten Schatz unseres Herzens das Gute hervorbringen“. Amen.

02.03.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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