Predigt von Pfarrer Daigeler zum 23. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wie lernen wir das Sprechen? Unverzichtbar und wesentlich durch das Hören. Das Kind hört die Stimme der Mutter bereits im Mutterleib, dann hört es die Stimme der Familie und anderer Menschen. Durch wiederholtes Hören erwachsen aus den Lauten Zusammenhänge. So entstehen Worte und Sprache. Zum Lernen einer Sprache gehört zum einen das wiederholte Hören, aus dem die Vertrautheit mit den Worten wächst. Zum anderen braucht es die Verlässlichkeit, dass Worte und das Bezeichnete gleichbleibend sind, woraus das Verständnis des Gehörten entsteht.
All das ist natürlich kein abgeschlossener Vorgang. Sprache bleibt nur erhalten, wenn ich beständig höre und spreche, wenn ich im Austausch mit anderen bleibe. Das merken wir etwa bei Hörbehinderten. So stellt sich auch im übertragenen Sinn die Frage: Was höre ich? Welche Worte und Meinungen höre ich? Auf welche Menschen höre ich?
Im Evangelium öffnet Jesus einem Taubstummen die Ohren mit dem Wort „Effata“. „Öffne dich“, sagt der Herr und das ist zugleich körperlich wie seelisch gemeint. Jesus öffnet die Ohren des Taubstummen, damit er überhaupt seine Stimme vernehmen kann. Jesus will aber ebenso das Herz öffnen, damit seine Worte auf fruchtbaren Boden fallen und angenommen werden. Denn der Glaube kommt vom Hören, so sagt es der heilige Paulus.
Die Kirche hat diesen Zusammenhang in ihren Taufritus übernommen. Der Priester spricht dem Täufling zu: „Effata – Öffne dich“. Denn es liegt auf der Hand, dass es für die Sprache des Glaubens ein beständiges Hören auf Gottes Wort braucht. Darum ist die regelmäßige Mitfeier der Sonntagsmesse so wichtig und unverzichtbar für unser Christsein. Hier hören wir sein Wort, hier feiern wir seine Gegenwart. Immer wieder müssen wir die Hoffnungsbotschaft hören, die uns der Prophet Jesaja in der Ersten Lesung zurief: „Seid stark, fürchtet euch nicht!“ Seht, hier ist euer Gott.
Als Christen sind wir durch die Taufe in die Familie Gottes aufgenommen. Hier dürfen wir das rechte Hören und das Sprechen und vor allem rechte Handeln lernen. So sagt es auch der Jakobusbrief, den wir als Zweite Lesung hörten. Nur wenn wir auf Jesus hören, finden wir die rechte Worte – Worte, die versöhnen, Worte, die aufbauen und stärken, Worte, die den Weg weisen. Nur wenn wir seine Nähe suchen im Gebet und ganz besonders in der Heiligen Messe, finden wir die Kraft nach seinem Vorbild zu handeln. Unser Denken, Reden und Tun soll immer mehr von seinem Vorbild geprägt werden, das ist unsere Berufung aus der Taufe. Das ist unser Auftrag als Christen.
Wer könnte uns das mehr zeigen als Maria, deren Geburtsfest wir heute auch feiern? Maria war ganz offen für Gottes Wort. Sie hat „Ja“ gesagt zu Gottes Willen, sie hat sich ganz prägen lassen von Gottes Weisung. So ist sie zur Mutter des fleischgewordenen Wortes, zur Mutter Christi geworden. Sie zeigt uns den Weg. Sie sagt immer neu: „Was ER euch sagt, das tut.“ Dann wird das Leben gut.
Danken wir für das Vorbild und die Fürsprache der Gottesmutter. Danken wir für alle, die uns die Sprache des Glaubens gelehrt haben. Und lassen wir uns immer mehr vom Wort Christi prägen, damit unser Reden und Handeln sichtbar macht, was die Prophet verheißen haben: „Er selbst wird kommen und wird euch retten.“ Amen.
08.09.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler