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Predigt von Pfarrer Daigeler beim Requiem für Papst Benedikt XVI.

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, am Ende der Weihnachtsoktav ist unser lieber Heiliger Vater und Landsmann Benedikt XVI. heimgerufen worden nach einem langen Leben von 95 Jahren, das in großartiger Weise fruchtbar war für die Kirche und viele glaubende Menschen.

An Weihnachten feiern wir die Geburt des Erlösers. Wir gedenken der Menschwerdung Gottes, der in Jesus unser Leben geteilt hat vom Geborenwerden bis zum Sterben. Diesen Glauben hat der verstorbene Joseph Ratzinger in seiner Familie und seiner Heimat empfangen. Daran hat er ein Leben lang fest geglaubt. Dieser Glaube hat ihn gestützt. Der weite Horizont, den uns der Glaube schenkt, hat die überragenden intellektuellen Fähigkeiten Joseph Ratzingers angespornt und seine besten Kräfte geweckt. Ja, er war und ist ein Kirchenlehrer, unbestreitbar einer der größten, theologischen Denker des Jahrhunderts. Und dass er, ein Landsmann, im Jahr 2005 auf den Stuhl Petri erhoben wurde, darf uns mit Stolz und großer Dankbarkeit erfüllen.

Mich selbst, wenn ich das sagen darf, haben seine Schriften und Worte stets beeindruckt, sie haben mir vieles erschlossen von der Tiefe und Schönheit unseres katholischen Glaubens. Mit Sicherheit war das ein wesentlicher Teil seines Wirkens, Menschen – besonders natürlich den Studenten – die Theologie zu erschließen mit Hilfe seines umfangreichen Wissens, mit seinem analytischen Verstand und seiner besonderen Begabung für Sprache. Glaube und Vernunft ins Gespräch miteinander zu bringen, sie in ihrer gegenseitigen Ergänzungsbedürftigkeit zu zeigen, war ihm bis zuletzt ein Herzensanliegen, wie er in seinem geistlichen Testament schreibt: „Laßt euch nicht verwirren! Oft sieht es aus, als ob die Wissenschaft (…) unwiderlegliche Einsichten vorzuweisen hätten, die dem katholischen Glauben entgegenstünden. Ich habe von weitem die Wandlungen der Naturwissenschaft miterlebt und sehen können, wie scheinbare Gewißheiten gegen den Glauben dahinschmolzen (…) – wie freilich auch der Glaube im Dialog mit den Naturwissenschaften die Grenze der Reichweite seiner Aussagen und so sein Eigentliches besser verstehen lernte. (…) Ich habe gesehen und sehe, wie aus dem Gewirr der Hypothesen wieder neu die Vernunft des Glaubens hervorgetreten ist und hervortritt. Jesus Christus ist wirklich der Weg, die Wahrheit und das Leben – und die Kirche ist in all ihren Mängeln wirklich Sein Leib.“

Jesus Christus war die Mitte seines Lebens, seiner Worte und seines Wirkens als Priester, Professor, Erzbischof von München-Freising, Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst. So wie er es in seinem bischöflichen Wahlspruch ausdrückte: „Mitarbeiter der Wahrheit“. Und das war er, Mitarbeiter der Wahrheit, die nicht abstrakt, nicht abgehoben ist, sondern die ein Gesicht hat, das uns in der weihnachtlichen Zeit in dem Kind in der Krippe begegnet. Auf dieses Kind schauen, auf Christus schauen, wurde er nicht müde, Menschen zu ermuntern. „Wenn wir das tun“, so sagte er, „dann sehen wir, daß das Christentum mehr und etwas anderes ist als ein Moralsystem, als eine Serie von Forderungen und von Gesetzen. Es ist das Geschenk einer Freundschaft, die im Leben und im Sterben trägt.“ (Predigt in Mariazell, 2007)

Darum haben wir in dieser heiligen Messe, der Feier von Tod und Auferstehung Christi, die Papst Benedikt so kostbar war, die er als die Herzmitte des kirchlichen Lebens immer wieder herauszustellen suchte, darum haben wir in dieser Feier die feste Hoffnung, dass Christus seinen Diener Benedikt auch im Sterben die Freundschaft gehalten hat und ihn nun in sein Reich führt.

Joseph Ratzinger war ja geboren am Karsamstag des Jahres 1927, getauft mit dem neuen Wasser der Osternacht. Er sah darin stets ein besonderes Zeichen: Im Dunkel des Karsamstags, das ja oft unser Leben prägt, dürfen wir durch die Taufe aus der Gewissheit der Hoffnung leben, das wir auf den Ostermorgen zugehen.

Darauf zielt unsere christliche Hoffnung, das erwarten wir im Glauben. Diesen Glauben hat Benedikt XVI. gelebt und verkündet. Er hat uns gezeigt, der christliche Glaube ist nichts von gestern. Er ist nicht überholt, er ist immer lebendig und neu, wenn er seine Kraft aus der eigentlichen Quelle bezieht aus Gottes Wort. Denn „wo Gott ist, da ist Zukunft“, so drückte es der Papst einmal prägnant aus. Darum lautet seine eindringliche Bitte an uns in seinem Testament: „Den Menschen meiner Heimat danke ich dafür, daß ich bei ihnen immer wieder die Schönheit des Glaubens erleben durfte. Ich bete darum, daß unser Land ein Land des Glaubens bleibt und bitte Euch, liebe Landsleute: Laßt euch nicht vom Glauben abbringen.“ Diese Bitte wollen wir uns zu Herzen nehmen. Dazu möge unser lieber, Heiliger Vater jetzt vom Himmel her ein Lehrer und Fürbitter sein. Amen.

03.01.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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