Predigt von Pfarrer Daigeler zum 27. Sonntag im Jahreskreis A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, stellen Sie sich vor ein Projekt, das Ihnen ganz wichtig ist, an dem Sie mit Herzblut gearbeitet haben – dieses Projekt stößt auf keinerlei Interesse, ja sogar auf Ablehnung. Was werden Sie empfinden? Wie werden Sie reagieren?
Der Prophet Jesaja beschreibt in der Ersten Lesung die Welt und das Leben jedes einzelnen Menschen als ein solches Herzensprojekt Gottes. Jesaja tut das mit dem Bild eines Weinbergs. Ihn hat Gott mit Sorgfalt angelegt und gepflegt. Viel Mühe und Sorge hat er hineingelegt in seinen Weinberg. Er liegt ihm am Herzen. So kann er mit Recht auf „süße Trauben“ hoffen, doch er muss „saure Beeren“ ernten.
Kein Wunder, dass die erste Regung Enttäuschung ist. Ist es nicht gescheiter, diesen Weinberg sich selbst zu überlassen, auch wenn er dann verkommt und verwüstet wird? Mit solch einem Bildwort wird deutlich: Es geht um etwas! Ganz auch im Gleichnis, das Jesus im Evangelium erzählt. Hier wird gesagt: Wir liegen Gott am Herzen. Er gibt etwas auf uns, es gibt etwas für uns. Er ist sogar bereit, alles für uns zu geben, wenn er aus Sorge um die Ernte den eigenen Sohn schickt.
Das heißt aber umgekehrt auch: Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und sagen: Wir kennen doch Gott, wir sind doch Christen, es wird schon alles gut gehen… Unser Auftrag ist es, Frucht zu bringen. Gute Frucht zu bringen, muss uns ein Herzensanliegen sein. Nicht aus Angst, nicht aus Berechnung, sondern aus Liebe. Wie könnte mir das Projekt, das einem geliebten Menschen am Herzen liegt, gleichgültig sein? Wie könnte uns, das Projekt, das Gott so sehr am Herzen liegt, gleichgültig sein? Wie könnte uns unsere eigene Lebensernte gleichgültig sein?
Ich staune immer wieder zu wie viel Gutem und Großem Menschen fähig sind: Eine schwere Krankheit zu tragen, ohne zu verzweifeln; einen behinderten oder pflegebedürftigen Menschen in das eigene Leben zu integrieren, ihn mitzutragen; oder „Ja“ zu Kindern zu sagen und ihrer Erziehung Zeit und Lebenskraft zu schenken; oder einem Ehepartner die Treue zu halten auch in schweren Tagen…
Zur gleichen Zeit gibt es auch die echte Gefahr, Lebenszeit für Unnützes, Sinnloses oder egoistischen Genuss zu vertun; es gibt die Gefahr, Talente zu vergraben, die in mich gelegt sind; es gibt die Gefahr, Gottes Freundschaftsangebot auszuschlagen, weil in meinem Tag keine Zeit für ihn ist.
Schauen wir immer wieder ehrlich auf unser Leben. Wir sind Gottes Herzensprojekt. Wo wird das sichtbar?
Dabei geht es nicht um das Aufzählen von Leistungen. Der heilige Paulus deutet es im Philipperbrief an. Es geht darum, wie er sagt, die „Gemeinschaft mit Christus Jesus zu bewahren“ an jedem Tag, in guten und in schweren Stunden. Und es geht darum aus dieser Jesus-Gemeinschaft gute Früchte zu bringen, Gutes zu tun. Gott braucht nicht hohe außergewöhnliche Werke; er will nur Liebe. Amen.
08.10.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler