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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 21. Sonntag im Jahreskreis C

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Eingangsfrage des Evangeliums ist heute schwer verständlich. „Sind es nur wenige, die gerettet werden?“ Vielleicht haben Kirchgänger diese Begriffe schon gehört, aber stellt überhaupt noch jemand diese Frage? Muss ich denn „gerettet“ werden? Wovon, wodurch und wohin? Das Koordinatensystem, in dem diese Frage an Jesus damals klang, ist heute nicht mehr einfach gegeben. Unsere Weltsicht ist stärker davon geprägt, dass ich selbst mein Leben entwerfe und gestalte, dass ich mich bemühe gesund zu bleiben, um ein möglichst langes Leben zu erreichen und dass ich möglicherweise danach irgendwie weiterexistiere, was aber nicht von gutem oder schlechtem Verhalten abhängt…

Natürlich ist das etwas holzschnittartig beschrieben, aber ich meine doch, dass es den Kern trifft. Hier begegnet uns eine Schwierigkeit, heute überhaupt angemessen und verständlich vom Glauben zu sprechen. Es gibt die Versuchung, alles zu vereinfachen, dass nur mehr übrigbleibt: „Wir kommen alle, alle in den Himmel…“ Es gibt aber auch die Versuchung oder auch die Hilflosigkeit, dass wir in der Kirche einfach bei alten Begriffen bleiben, die aber nur mehr Insider verstehen. Den ganzen Glauben zu bewahren und ihn in eine neue Sprache zu übersetzen, scheint mir die größte Herausforderung für die Kirche dieser Tage zu sein.

Wo setzen wir also an? Der frühere Papst Benedikt hat einmal sinngemäß einen Vergleich gebraucht: Wir trinken das Wasser selten aus der Quelle oder dem Brunnen, sondern vielmehr abgefüllt aus Flaschen. Dadurch gerät der Ursprung, die Herkunft, die Ursache aus dem Blick – und damit auch die Abhängigkeit von diesem Ursprung, die Verwiesenheit auf ihn.

Kann ich anerkennen, dass mein Leben nicht vorrangig Produkt einer Entscheidung meiner Eltern ist, sondern ein unverfügbares Geschenk Gottes? Oft wird uns das nur mehr in Extremsituation deutlich: Da stirbt plötzlich ein junger Mensch. Und wir merken, wir haben nicht alles im Griff. Das Leben ist letztlich unverfügbar, Geschenk, Gabe… Und auch vieles, was mein Leben gelingen lässt, kann ich nicht erzwingen. Natürlich kann ich durch Fleiß einiges erreichen. Aber dass mich jemand mag, mich annimmt oder gar liebt, dass ist ebenfalls Geschenk. Dass all das in einem größeren Zusammenhang steht, drücken Gläubige aus, wenn sie sagen: Gott ist Schöpfer und wir sind seine Geschöpfe. Wir sind nicht nur Macher, mehr noch Empfänger.

Nun begegnet uns im Leben nicht nur Gutes. Es gibt Krankheit und Sterben, es gibt Rücksichtslosigkeit und Schuld. Das kann der Mensch ausblenden, und viele tun das auch. Aber er kann sich nicht selbst am eigenen Schopf aus diesem Sumpf ziehen. Darum ist unsere Welt voll von Heilsversprechen ökologischer, medizinischer oder auch spiritueller Art. Warum soll man nun der christlichen Botschaft glauben?

Weil sie den Menschen ernst nimmt – in seiner Stärke und seiner Schwäche, in seiner Fähigkeit, über sich hinauszuwachsen, und in seiner Hinfälligkeit. Denn Jesus sagt ja im Evangelium beides: „Bemüht euch durch die enge Pforte zu kommen“. Strengt euch an. Gottes Heilsangebot ist etwas so Großartiges, dass es aller Mühen wert ist. Er sagt an anderer Stelle aber: „Wer glaubt, der wird gerettet“. Die Rettung ist also letztlich ein Geschenk. Sie wird dem geschenkt, der ganz vertraut. Beides gilt. Es braucht meinen menschlichen Beitrag, dass ich das Gute und Rechte tue. Und es ist Gottes Geschenk, Geschenk seiner Gnade. Damit wir das glauben, ist Gott uns in Jesus entgegen gekommen. Er ist das „Zeichen“, von dem Jesaja spricht, dass Gott aufgestellt hat, damit wir den Weg finden. Wer ihm nachfolgt, der findet einen Platz im Reich Gottes. Amen.

21.08.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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