Predigt von Pfarrer Daigeler zum 28. Sonntag im Jahreskreis A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn er etwas nicht will, findet der Mensch stets eine Ausrede. Und wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Daran musste ich denken beim Lesen des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl, das wir am heutigen Sonntag hören.
Natürlich enthalten die Evangelien auch allgemeine Aussagen über den Menschen, über sein Wesen und Verhalten, über das Leben, wie es gelingt oder wie man es verfehlt. Das ist wichtig und wertvoll. Freilich fragen wir uns darüber hinaus, welche konkrete Botschaft liegt im heutigen Evangelium. Ich meine, wir können darin einige sehr aktuelle Impulse finden, um darüber nachzudenken, was Glaube ist und wie man ihn fördert.
Zunächst spricht das Gleichnis ja von einer Entscheidung, die von den Geladenen gefordert ist: Wollen sie zu der Hochzeit gehen und mitfeiern oder halten sie andere Dinge für wichtiger? Letztlich ist es auch mit den Glauben so. Freilich werden gerne und häufig die Fehler der Kirche und ihrer Amtsträger aufgezählt, die es zweifellos gibt. Oder man spricht von den dringenden Aufgaben im Beruf, in der Familie und in anderen Gruppierungen, die einen in Anspruch nehmen. Zeit oder Ort passen dem anderen nicht… Aber am Ende bleibt die Entscheidung, die zu treffen ist: Ist mir der Glaube wichtig? Bin ich bereit, dafür etwas von meiner Zeit und Kraft einzusetzen? Nehme ich also die Einladung an oder nicht?
Der Glaube ist immer auch ein Akt des Willens: „Ich will zu Jesus gehören, ich will zur Kirche gehören…“ Und Wille existiert überhaupt nur in konkreten Entscheidungen und Taten. Nur in der Entscheidung wird er verwirklicht, sonst bleibt lediglich ein Wunsch.
Und damit sind wir bereits bei einem zweiten Punkt: Der Glaube fordert auch Einsatz. Die Menschen, die im Gleichnis die Einladung zur Hochzeit erhalten, müssen dafür anderes zurückstellen und müssen sich vorbereiten für das Fest. Daran erinnert nicht zuletzt das hochzeitliche Gewand, das auch von den später Eingeladenen verlangt wird. Der Glaube lebt vielmehr von der Übung, als wir uns das eingestehen. Und ich meine, dass gerade hier ein wesentlicher Grund für die Krise des Glaubens und damit auch der Kirche liegt. Glaube gelingt nur in der täglichen Entscheidung, dass ich mich Tag für Tag aufraffe, an Gott zu denken, ihm Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken im Gebet. Auch das, was man vielleicht etwas formell als „Sonntagspflicht“ bezeichnet, meint ja nichts anderes. Nur wenn ich mich immer wieder auf den Weg mache, um dem Herrn und seinen Brüdern und Schwestern in der Kirche zu begegnen, nur wenn ich ganz konkret seine Einladung zum Hochzeitsmahl der Heiligen Messe annehme, gelingt der Glaube. Ansonsten ist er mehr Wunsch als Wirklichkeit.
Bei all dem kann nun die Annahme entstehen, Glaube sei vorrangig eine Leistung, eine Anstrengung. Wir haben zwar gesehen: Ohne meinen Einsatz geht es nicht. Aber mein Einsatz ist immer Antwort, mein Glaube ist immer Antwort auf die Einladung dessen, der uns zuerst geliebt hat, der uns nachgeht in seinem Sohn Jesus, der gekommen ist, zu suchen und zu retten, was verloren war. Ja, wir wollen glauben. Ja, es braucht meinen Einsatz, weil es um mich geht, weil es um mein Innerstes geht. Aber bei allem dürfen wir immer vertrauen und uns freuen, dass der Herr uns weit entgegenkommt und dass er uns großzügig einlädt zu seinem Fest des Glaubens. Amen.
15.10.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler