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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Sonntag nach Weihnachten

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, Gott lässt sich finden! Gott lässt sich finden, könnten wir als Überschrift über die biblischen Texte dieses zweiten Sonntags in der Weihnachtszeit schreiben. Wir schauen noch einmal aus einem anderen Blickwinkel auf das Geschehen im Stall von Betlehem. Im neugeborenen Jesuskind zeigt uns Gott sein Gesicht, damit wir ihm glauben. Er nennt uns seinen Namen, damit wir ihn ansprechen können.

Nun ist es aber mit dem Glauben nicht immer so einfach. Mancher sagt: Gott lässt sich finden? Ja, wo denn? Ich sehe ihn nicht. Ich kann ihn nicht begreifen, besonders wenn Menschen leiden müssen an Ungerechtigkeit oder Krankheit. Oder wie ist das mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften? Haben sie nicht den Glauben überflüssig gemacht?

Glauben zu können, ist gewiss ein Geschenk. Wir merken es ja etwa daran, dass die Kinder derselben Eltern, die eine gemeinsame, religiöse Erziehung erhalten, darauf unterschiedliche Antworten geben können. Den Glauben kann man nicht „erzeugen“. Ebenso wenig, wie ich einen Menschen zwingen kann mich zu lieben. Glauben heißt, staunen können. Glauben heißt, vertrauen können. Und Glauben heißt, sich binden können an Gott. Das ist ein Wagnis, das Mut erfordert.

Gleichzeitig gibt es gute Gründe zu glauben. Papst Benedikt wurde nicht müde daran zu erinnern, dass Glaube und Vernunft zusammengehören, dass sie rechtverstanden einander nicht widersprechen können. Das können wir sehen, wenn wir mit staunenden Augen die Schöpfung und ihre Ordnung betrachten. Alle Menschen können in ihr die Spuren des Schöpfers entdecken. Und doch waren diese Spuren für Gott zu wenig. Er wollte, dass wir seine „Weisheit“, also seinen Heilsplan begreifen. Darum verortete er seine Weisheit an einem konkreten sichtbaren Ort, nämlich im Volk Israel. So hörten wir es in der Ersten Lesung. An diesem Volk will er beispielhaft zeigen, wie er seine Nähe und Liebe erweist, wo sich Menschen für ihn öffnen. Ein Beispiel soll es sein für alle Völker.

Das Weihnachtsfest ruft uns zu: Das Wort ist Fleisch geworden. Gottes Sohn wurde geboren von einer Frau. Gottes Weisheit ist in Jesus sichtbar geworden. Der Apostel Paulus singt überschwänglich darüber in seinem Epheserbrief. Das, was Gott schon im Voraus, schon vor Beginn der Welt gewollt hat, ist nun greifbar geworden in Christus.

Daraus könnte man folgern, dass nun jeder zum Glauben kommen müsste. Aber doch war das zur Zeit Jesu nicht so, und ist auch heute nicht so. Den Evangelisten Johannes bewegt diese Frage: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Gott kommt uns entgegen, aber er kam nicht mit göttlicher Macht. Er liefert sich uns aus in der Schwäche eines Kindes und später am Kreuz. Gott kommt uns nahe, in dem was wir kennen, in dem was wir sind, in unserem Menschsein. Aber nicht jeder nimmt jemanden auf, der so armselig daherkommt.

„Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“, schreibt der heilige Johannes weiter. Gott wirbt um mich. Gott sehnt sich nach meiner Gegenliebe. Und das geschieht in Freiheit. Darum ist der Glaube eine Entscheidung, ein Akt des Willens. Gott lässt jedem Menschen die freie Entscheidung. Sie macht meinen Glauben zum Liebesgeschenk.

Das ist die Frohe Botschaft von Weihnachten: Gott lässt sich finden, dort wo ich meine Augen, mein Herz für ihn öffne. Er ruft mich auf zur Entscheidung, dass ich ihn aufnehme in mein Leben, dass ich ihm nachfolge. Wer das wagt, der findet die Freude, ein Kind Gottes zu sein. Amen.

05.01.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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