logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler zum 3. Sonntag im Jahreskreis B

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“. Es ist nicht einfach Gewohnheiten zu verändern. Das merken wir im Großen in den Anforderungen und Regeln der gegenwärtigen Krise. Das merken wir, wenn wir etwa die Forderungen der Umweltschützer hören, die uns auffordern, bestimmte Verhaltensweisen zu verändern… Das merken wir aber auch im Kleinen, wenn es Probleme oder Auseinandersetzungen gibt in Partnerschaft oder Familie…

Natürlich gibt es gute Gewohnheiten. Wenn sie mir in Fleisch und Blut übergegangen sind, dann nennen wir sie „Tugenden“. Es gibt auch schlechte Gewohnheiten, die nennt unsere Sprache „Laster“. Grundsätzlich brauchen wir Gewohnheiten. Kein Mensch kann sein Leben täglich neu erfinden. Sie geben uns Stütze und Struktur. Dass wir etwa jeden Morgen aufstehen. Den Tag mit einem Gebet beginnen – und sei es nur das Kreuzzeichen, dass wir für uns und für alle, denen wir begegnen den Segen Gottes erbitten. Dass wir Frühstücken oder die Zeitung lesen… Das kann im guten Sinne eine Routine sein, die uns stützt – genauso wie es der sonntägliche Kirchgang sein will, der uns auch eine Struktur für die Woche sein will…

Freilich gibt es ebenso schlechte Angewohnheiten. Ich denke gerade in diesen Tagen daran, dass sie mich zur Trägheit verleiten, dazu verleiten, Zeit zu vertun am Computer oder am Fernsehen… Mir geht es jedenfalls so.

Das könnte eine kurze Beschreibung dessen sein, was Gewohnheit ist. Gleichzeitig fordert uns der Glaube immer wieder heraus. Er fordert uns auf, unsere Komfortzone zu verlassen, denn die ganze Heilige Schrift durchzieht der Ruf: „Kehrt um!“ Das findet sich schon im Alten Testament. Wir hörten in der Ersten Lesung vom Propheten Jona, der die Metropole Ninive aufrüttelt: „Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört.“ Und wir hörten, die ersten Worte, die uns der Evangelist Markus von Jesus überliefert: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ An der Tatsache dieses Aufrufs gibt es nichts zu rütteln. Es ist klar, zum christlichen Glauben gehört auch die Umkehr. Doch was kann damit für uns gemeint sein? Vielleicht ein paar Stichworte oder Fragen dazu.

In meiner Hinführung habe ich darauf hingewiesen, dass wir nicht täglich unser Leben verändern können. Das wäre eine Überforderung, es wäre sogar schädlich. Darum kann es nicht gemeint sein. Dennoch wird es nicht ausreichen, die Worte der Schrift einfach nur „fromm“ zu hören, zu nicken und zur Tagesordnung überzugehen. Es geht eine existenzielle Botschaft. Das sehen wir in Ninive. Es hängt etwas davon. Ja, es hängt alles davon ab, ob wir in der Lage sind, ehrlich unser Leben zu überdenken – und dort, wo es nötig ist, zumindest gegen schlechte Gewohnheiten zu kämpfen. Ninive, „Groß und Klein“, vom König bis zum Kleinsten, tut Buße. Und das gehört auch zum Christsein, dass wir vor Gott ehrlich sind, dass wir seine Barmherzigkeit und Vergebung erbitten im Gebet und in der Beichte.

Dadurch werden wir nicht einfach andere Menschen. Selbst die Apostel, die Jesus berief, die sich mit ihrem ganzen Leben auf den Ruf Jesu eingelassen haben, sie blieben Menschen mit Fehlern und Schwächen. Das sind und bleiben auch wir, doch mit Gottes Hilfe dürfen und sollen wir immer wieder auferstehen, wenn wir gefallen sind, und neu beginnen. Das könnte uns zu einer „guten Gewohnheit“ werden, regelmäßig unser Gewissen zu erforschen und die Barmherzigkeit Gottes für einen Neubeginn zu erbitten.

Die Dringlichkeit dieses Weges betont der heilige Paulus. Aus dem Korintherbrief haben wir gehört: „Die Zeit ist kurz.“ Nicht zu viel auf morgen verschieben, ist eine ernste Mahnung. Keiner weiß, wie viel Zeit ihm geschenkt ist. Doch dem Apostel geht es noch um mehr. Er provoziert mit einer radikalen Weltsicht: Die neue Welt hat mit Christus bereits begonnen. Unsere Augen sehen noch die Gestalt der alten Welt. Doch „die vergeht“. Alles hier ist uns nur geliehen. Wir sind nicht Eigentümer, wir sind nur Treuhänder. Gebrauchen wir die zeitlichen Güter so, dass wir die ewigen nicht verlieren? Oder vielleicht würde Jesus fragen: Lebst du dein Leben – auch die alltäglichsten Dinge – im Wissen um die „Gottesherrschaft“, im Wissen darum, dass Gott mit dir sein will, dass Gott dich und dein Leben zuinnerst prägen will – im Wissen darum, dass Gott dich zur Ewigkeit berufen hat? Amen.

24.01.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­