logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler zum 6. Ostersonntag C

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, gibt es Gewissheit in Fragen des Glaubens? Und wenn ja, wie erreiche ich diese? Oder sind die Fragen des Glaubens eher im Bereich des „Nicht-Wissens“, von Annahmen oder Gefühlen anzusiedeln?

Gar nicht wenige Menschen neigen heute eher zur zweiten These. „Glaube“ ist das, was ich in meinem Innersten für richtig halte, was mir einleuchtet. Und diese Haltung hat ja etwas für sich. Sie macht klar, dass der Glaube – sofern er relevant sein soll – etwas sein muss, dass mich im Herzen trifft und betrifft.

Dennoch muss ich diese These auch hinterfragen. Denn wenn wir nur diese persönliche Seite gelten lassen, wie können wir dann gemeinschaftlich den Glauben ausdrücken und leben? Wir haben ja in der Kirche beispielsweise ein Credo, also verbindliche Sätze, mit denen wir ausdrücken, was unser gemeinsamer Glaube ist. Und wir haben auch Ausdrucksformen für den Glauben, damit wir gemeinsam beten können. Denken wir an feste Gebete wie das Gebet des Herrn, das Vater unser, oder die kirchliche Ordnung, wann wir stehen, knien oder sitzen im Gottesdienst. Und wir brauchen auch konkrete Formen, mit denen unsere Nächstenliebe greifbar wird. Denken wir an die kirchlichen Hilfswerke, an Krankenbesuchsdienste oder an die Menschen, die ganz konkret mitanpacken, wenn die kirchlichen Gebäude zu unterhalten sind. Ohne all das gibt es letztlich keinen christlichen Glauben, sondern nur persönliche Weltanschauungen.

Aber in welchem Verhältnis stehen mein persönliches Glauben und das Mitglauben mit dem Glauben der Kirche? Diese Frage durchzieht die ganze Kirchengeschichte. Sie ist letztlich auch Grund für Auseinandersetzungen und für manche Spaltungen innerhalb der Christenheit.

Das Evangelium gibt uns wichtige Hinweise. Jesus spricht davon, dass er uns sein Wort hinterlassen hat als Orientierung und seinen Geist als Beistand. Beides ist unverzichtbar. Wir haben uns den Glauben nicht selbst ausgedacht. Der Glaube kommt vom Hören, darum hören wir das Wort Gottes aus der Heiligen Schrift und wir sehen das Beispiel Jesu, der die Botschaft gelebt hat. Als „Antriebskraft“ und Stütze auf dem Weg, sein Beispiel nachzuahmen, haben wir den Heiligen Geist, den uns Jesus hinterlassen hat.

Nun könnte man meinen, damit sei alles geklärt. Ganz so ist es offensichtlich nicht. Und das sehen wir schon unter den ersten Jüngern, wie es uns die Erste Lesung aus der Apostelgeschichte erzählt. Die Frage, ob man zunächst beschnitten werden müsse, also die jüdischen Regeln einhalten müsse, bevor man Christ werden könne, scheint uns heute obsolet. Aber ist das wirklich so einfach? Wenn wir den Wortlaut der Bibel als alleinigen Maßstab nehmen würden, dann finden wir darin zahlreiche Vorschriften, was Essen oder andere Bräuche betrifft, über die wir uns heute freimütig hinwegsetzen. Und wenn wir nun sagen, dass wir eben um den Heiligen Geist beten müssen, damit er uns die Antwort zeigt, ist das zwar richtig, aber es alleine reicht auch nicht. Denn das, was Menschen da hören, ist offenkundig unterschiedlich. Was also ist zu tun?

Es ist eine bleibende Aufgabe, zu unterscheiden, was ist „Schale“ und was ist „Kern“. Was ist unaufgebbar, weil es das Anliegen Jesu ist, das uns überhaupt erst zu seiner Kirche macht? Und was ist zeitbedingt und kann sich darum ändern je nach Bedarf und Nutzen?

Das ist keine leichte Aufgabe! Und besonders nicht, weil wir alle (!) Kinder unserer Zeit sind und darum auswählend sind. Die Unterscheidung beginnt mit dem Schauen: Wie ist die Realität und nicht wie wünsche ich sie mir? Und was ist mein Anteil daran? Was kann ich einbringen? Und in dieser Haltung hören wir die Worte Jesu und sehen sein Beispiel, auch das, was uns an seiner Botschaft herausfordert. Um seinen Weg nachzugehen, brauchen wir Mut und Beistand, so nennt Jesus seinen Heiligen Geist.

Gibt es also Gewissheit des Glaubens? Ja, aber nicht abgeschlossen in einem „Paket“, sondern als Weg – im Blick auf den Herrn und sein Beispiel, in der lebendigen Gemeinschaft der Mitglaubenden und in der Glaubenserfahrung der Kirche und auch in der Abwägung dessen, was heute nötig und möglich ist. Amen.

25.05.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­