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Predigt von Pfarrer Daigeler zur Kirchweih

1 Kön 8,22-23.27.30; 1 Petr 2,4-9; Joh 2,13-22

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn das Wort „Kirche“ fällt, kann man sehr unterschiedliche Reaktionen erleben. Wenn auch das Eigenschaftswort „katholisch“ vorangestellt wird, könnte jeder von uns von seinen Erfahrungen erzählen. Nun ist dieses Phänomen, auch wenn es sich wohl in den letzten Jahren verstärkt hat, keineswegs neu. Und das hat in seiner Tiefe einen einfachen Grund: Der Gründer unserer Gemeinschaft, Jesus Christus, ist ein „Stein des Anstoßes“, wie wir es in der Zweiten Lesung hörten.

Der Petrusbrief verwendet ein Bild, das bereits in den Psalmen vorkommt: Ein Bau wird aus verschiedenen Steinen aufgebaut, besondere Bedeutung kommt dabei dem „Eckstein“ oder Grundstein zu. Er hält das Gebäude zusammen und stützt es. Er ist aber auch ein „Stein, an den man anstößt“. Im Bild gesprochen, er gibt nicht nach, denn wenn dieser Eckstein nachgeben oder weichen würde, würde das gesamte Gebäude einstürzen.

Über eben diese Grundlage herrscht heute nicht mehr unbedingt Einigkeit – bis hinein in die innersten Reihen unserer Kirche. Nicht wenige meinen: Ist das nicht ein zu starres Denken? Könnte man nicht dieses oder jenes Gebot aufgeben? Ist nicht Glauben mehr individuell aufzufassen? Wie kann man überhaupt sagen, ohne diesen Eckstein geht es nicht…?

Nun wird mancher einwenden: Das Ärgernis sind doch nicht diese Grundsatzfragen, es sind vielmehr die Fehler und Sünden in der Kirche. Dass es diese gibt, steht außer Frage. Weil die Kirche eben nicht aus toten Steinen, sondern aus lebendigen Menschen besteht, besteht sie auch aus Sündern, aus schwachen und fehlbaren Menschen. Das darf keine Ausrede sein, nicht immer neu nach der Reinigung des Tempels zu suchen, immer neu nach eigener Heiligkeit zu streben. Und dennoch liegt aus meiner Sicht das Problem tiefer.

In der Lesung, die wir zuerst aus dem Alten Testament hörten, weiht der König Salomo den Tempel in Jerusalem. Er hat ihn erbauen lassen, darum liegt es für ihn auf der Hand, dass dieses Haus für Gott auf menschliche Initiative hin errichtet wurde. Der Tempel ist also eine sichtbare Bitte, eine ausgedrückte Erwartung, Gottes möge unser Beten hören, mich sehen… „Wohnt denn Gott wirklich auf der Erde?“ – in unserer Mitte, so fragt Salomo.

Jahrhunderte später tritt Jesus in eben diesem Tempel auf und wirft die Händler und Geldwechsler hinaus. Er selbst also ergreift die Initiative, das „Haus seines Vaters“ als das zu errichten, was es eigentlich sein soll – ein Ort, an dem Gott wohnt, an dem er selbst leibhaft anwesend ist.

Letztlich geht es aus meiner Sicht um die Frage: Auf wessen Initiative hin gibt es die Kirche? Ist sie Menschengemacht oder ist sie eine Gründung Jesu? Folgen wir – vielleicht von klugen Menschen – ausgedachten Wegen oder folgen wir der Spur, die Gott selbst in seinem Sohn gelegt hat? Und aus dieser Grundentscheidung leiten sich alle folgenden Entscheidungen ab, ob nämlich Inhalt und Auftrag der Kirche von uns verändert werden kann oder nicht.

Freilich kann sich das Kleid der Kirche ändern, ihre Sprache und Schale ist Teil der Welt und muss passen und nötigenfalls angepasst werden. Doch der Auftrag kommt vom Herrn, dass wir mit unseren Worten seine großen Taten verkünden, dass wir seine heilende Gegenwart feiern in den Sakramenten, die er uns gegeben hat, dass wir seine Liebe bezeugen, mit der Liebe, die er uns schenkt. Das ist der Grund, weshalb es die Kirche gibt, weshalb der Herr sie gegründet hat – und weshalb ich in der Kirche bin und sein möchte. Amen.

09.10.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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