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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 16. Sonntag im Jahreskreis A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wer ist stark? Oder was ist menschliche Stärke? Wenn ich mich in einem Faustkampf durchsetzen kann? Die Raufereien, von denen uns die Nachrichten dieser Tage berichten, zeigen eine bestimmte Auffassung von Stärke. Die Berichte über Machthaber, die kriegerisch gegen andere Länder vorgehen, zeigen Ähnliches. Aber auch gesellschaftliche Themen und Debatten zeigen bestimmte Vorstellungen von Stärke: Wer am lautesten ist, wer die meiste Aufmerksamkeit mit Worten oder Aktionen erregt, der scheint durchsetzungsstark zu sein. Und man könnte sicher weitere Beispiele anführen.

Sonntag für Sonntag sprechen wir im Glaubensbekenntnis Gott große Stärke zu. Wir sagen im Credo, er sei der Allmächtige. Wenn wir uns in unserer Welt aber umschauen, dann passen die eingangs aufgezählten Vorstellungen von Stärke nicht zu der Erfahrung, die wir mit Gott machen. Vieles passiert in unserer Welt, was dem Allmächtigen sicher nicht gefällt, was gegen seinen Willen und seine Weisungen verstößt. Trotzdem schlägt er nicht drein und schreit er nicht. Ist er zu schwach? Oder interessiert es ihn vielleicht gar nicht?

Die Erste Lesung aus dem Weisheitsbuch brachte einen erstaunlichen Satz: „Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde.“ Eine ganz andere Art von Stärke begegnet uns hier. Eine Stärke, die souverän ist, die einen langen Atem hat, die viel weiter blickt, als wir es in unserer begrenzten Wahrnehmung vermögen. Gott erweist seine Stärke nicht im Draufhauen, nicht im Herumschreien, nicht in Aktivismus oder darin, Menschen zu irgendetwas zu nötigen. Er erweist seine Stärke in seinem Erbarmen. Durch dieses Handeln hast du „deinen Söhnen und Töchtern die Hoffnung geschenkt, dass du den Sündern die Umkehr gewährst.“

Was für eine Gnade! Denn Sünder sind nicht nur die anderen, Sünder sind wir alle. Wir alle sind auf die Barmherzigkeit Gottes mit unseren Schwächen angewiesen. Doch der „Geist nimmt sich unserer Schwachheit an“, sagt der Apostel Paulus. Und auch Jesus lehrt seine Jünger mit dem Gleichnis vom Unkraut im Weizen den langen Atem, den weiteren Blick. Einfach Herauszureißen würde mehr zerstören, als es bringen würde. Darum wartet der Herr bis zur Ernte. Er lässt „beides miteinander wachsen“.

Viele Gleichnisse Jesu sprechen vom Wachsen, also von der Möglichkeit sich zu entwickeln, noch etwas zu lernen, sich zu bekehren, den richtigen Weg zu finden. Wie tröstlich ist das!

Ja, es gibt es eine Unterscheidung nicht alles ist Weizen, es gibt auch Unkraut. Gottes Barmherzigkeit ist weder naiv noch blind. Aber es gibt immer die Möglichkeit umzukehren. Das Reich Gottes ist angebrochen. Jesus hat den Samen dazu ausgestreut in der Welt. An mir ist es, diesen Samen des Wortes Gottes aufzunehmen und Jesus anzunehmen, damit er in mir gute Frucht bringen kann. Danken wir für dieses Geschenk. Danken wir für den langen Atem Gottes. Und nutzen wir die Chance, die seine Barmherzigkeit gibt zur Umkehr und zum Wachsen und Reifen. Amen.

23.07.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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