Predigt von Pfarrer Daigeler zum 17. Sonntag im Jahreskreis B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „jetzt kann nur noch ein Wunder helfen…“ So sagen manche, wenn ihnen eine Situation aussichtslos oder zu groß erscheint. Nun berichtet uns der Evangelist Johannes von einem Wunder Jesu, bei dem dieser mehrere Tausend Menschen satt gemacht hat. Wir werden an den kommenden Sonntagen eine Predigt Jesu hören, die eine geistliche Deutung dieses Wunders vorlegt: Jesus spricht vom „Brot des Lebens“, vom Brot, das er selbst ist. Aber schauen wir zuerst auf das Wunder, von dem wir eben im Evangelium gehört haben.
Nicht alle Menschen glauben, dass es Wunder gibt. Für manche sind sie nicht mit den Gesetzen der Natur vereinbar. Darum halten sie solche Berichte für Übertreibung, Erfindung oder Täuschung. Nun ist gewiss nicht alles, was wir landläufig als Wunder bezeichnen, unerklärlich, aber die Heilige Schrift und das Leben der Heiligen ist so voll von Wundern, dass es mir doch sehr beschränkt oder verbohrt erscheint auszuschließen, dass es Wunder gibt. Freilich gibt es Wunder: erklärbare und unerklärbare. Jedes Kind, das geboren wird, ist ein Wunder. Wir können vieles über die Entstehung des Lebens erklären. Und dennoch reichen all diese Fakten nicht aus, das zu umschreiben, was tatsächlich dieses neue Leben ist und weshalb es uns stauen lässt… Und es gibt Wunder, die unsere Erklärungen nicht fassen können. Wenn sich in der Not ein Weg auftut, der von keinem Beteiligten gesehen wurde; wenn ein Mensch gesund wird; wenn Frieden geschlossen wird; oder wenn ein Mensch in schwerer Zeit die Hoffnung bewahrt…
Ich bin fest überzeugt, dass es Wunder gibt – ganz wie wir gerade in der Speisung der 5000 gehört haben. Es gibt aber auch Missverständnisse über Wunder. Manche meinen, es reiche aus, darum zu bitten. Ich möchte eine gute Note in der Prüfung, dafür bete ich. Es liegt auf der Hand, dass das alleine nicht ausreichend ist. Erst muss ich das Meine tun, dann wird Gott das Seine dazugeben.
Ich liebe diese Stelle im Evangelium. Jesus fragt seine Freunde zuerst, was sie zu geben haben. Ein kleiner Junge bringt fünf Brote und zwei Fische. Das scheint wenig zu sein. „Was ist das für so viele?“, fragen die Jünger ungläubig. Doch der Herr bedarf der fünf Gerstenbrote. Sie sind der Ansatzpunkt für sein Wunder.
Das ist das Große und auch Herausfordernde am christlichen Glauben. Heute lassen manche Menschen Gott draußen aus der Welt. Er tut nichts oder er kann es nicht oder es gibt ihn nicht, meinen sie. Andere wollen ihm ihre eigene Verantwortung übertragen. Dort, wo sie selbst etwas an ihrem Leben und Handeln ändern müssten, meinen sie, dass er ihr Tun ersetzen würde. Jesus lehrt uns etwas anderes. In ihm ist Gott selbst in die Welt gekommen. Jesus zeigt uns: Gott ist da. Er ist nicht fern, er wirkt in dieser Welt und in meinem Leben. Gleichzeitig ist Jesus aber Mensch geworden. Er ist sich selbst in Freiheit die Grenzen aufgelegt, die wir Menschen nun einmal haben. Darum wurde er von einer Mutter geboren, darum ist er als Mensch am Kreuz gestorben und wurde in ein Grab gelegt.
Wunder sind keine Bevorzugungen. Es gibt zur Zeit Jesu und bis zum Ende der Tage weiterhin Krankheiten, die nicht geheilt werden, und Nöte, die nicht gelöst werden. Jesus wollte uns nicht von unserem Menschsein, unserem Geschöpftsein ablösen. Er hat uns erlöst. Das heißt, er ist die Brücke geworden zwischen unserem Leben als Menschen und der unbegrenzten Liebe Gottes. Und wo Menschen diese Brücke begehen, bricht Gottes Reich an. Alle Wunder Jesu dienen dazu, diese neue Wirklichkeit schon hier und jetzt begreifbar zu machen.
Der Junge steht mit seinen fünf Broten für unseren Glauben, der manchmal klein ist, der aber notwendig ist, damit der Herr handeln kann. Die Speisung der 5000 ist ein Vorgeschmack des Gottesreiches, wo es keine Not, keine Trauer, kein Leiden mehr geben wird. Danken wir für die zahlreichen Wunder, die Gott wirkt. Tun wir mit Gottvertrauen alles, was in unseren Kräften und Talenten steht, um Not zu lindern. Und gehen wir voll Vertrauen auf der Brücke, die uns Jesus durch den Glauben bereitet hat, damit sein Reich unter uns aufleuchtet und damit wir einmal Erben seines Reiches werden. Amen.
28.07.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler